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Şenol Yaĝdı | Von der Bildungsferne zum Bildungsaufstieg
Auf der Basis der Kategorien erfolgt die Vorstellung der gebildeten Typen.
Anhand der aus den Kategorien entwickelten Vergleichsdimensionen – in-
nerfamiliäre Bedingungen, außerfamiliäre Bedingungen und eigene Bil-
dungsaspirationen – sowie einer Betrachtung des zeitlichen Verlaufs der
Bildungswege werden die Fälle in klar abgegrenzten Begründungsmus-
tern für den Bildungsaufstieg erfasst und vier Typen von Bedingungen und
Handlungsstrategien gebildet. Danach wird auf die zentralen Ergebnisse
der Studie und die für diesen Beitrag zentralen Kategorien Identität, Tradi-
tion und Religion im Kontext des Bildungsaufstiegs eingegangen.
Typenbildung
Im Kontext dieser Untersuchung sind die voneinander unterschiedenen
Typen als Gruppen zu verstehen, die sich durch ihre Bildungsverläufe und
die damit zusammenhängenden Erklärungsmuster unterscheiden.10
̟ Typ I (defizitüberwindender Abgrenzungsprozess) ist charakteri-
siert durch äußerst schwierige Voraussetzungen, deren Ursache in
einer sehr beschränkten innerfamiliären Ressourcenausstattung
liegt. Die Hauptstrategien dieses Typs sind geprägt durch eige-
ne Bildungsaspirationen, biographische Umwälzungen und den
Rückgriff auf außerfamiliäre Ressourcen (bildungserfolgreiche
Studierende mit Migrationshintergrund als Vorbild), die zu einem
langsamen Distanzierungsprozess vom Herkunftsmilieu führen.
̟ Typ II (familiengestützter Aufstiegsprozess) zeichnet sich aus
durch einen von verschiedensten Hürden und Leistungsschwie-
rigkeiten begleiteten Aufstiegsprozess, der jedoch mithilfe inner-
und außerfamiliärer Ressourcen und eigener Bildungsaspirationen
doch gelingt. Ausschlaggebend hierfür ist das aufstiegsorientierte
Elternhaus, wobei sich die Eltern aufgrund der fehlenden Ressour-
cen bemühen, Unterstützung durch außerfamiliäre Ressourcen zu
mobilisieren. Die Überwindung von Schwierigkeiten erfolgt auf der
Grundlage eines Zusammenspiels inner- und außerfamiliärer Res-
sourcen sowie eigener Bildungsaspirationen.
̟ Typ III (innerfamiliäre Normerfüllung) hebt sich von den übrigen
Typen durch eine reiche Ressourcenausstattung sowohl auf inner-
als auch auf außerfamiliärer Basis ab, was äußerst günstige Aus-
gangsbedingungen für einen Bildungsaufstieg schafft. Daneben
macht dieser Typus aber demotivierende bzw. diskriminierende
10 Hier ist kritisch anzumerken,
dass die Typenbildung in qualitati-
ven Studien, insofern sie personen-
bezogen konstruiert wird, keine real
existierenden Gruppierungen abbil-
den kann. Daher wurden die in dieser
Studie konturierten Typen prozess-
bezogen entwickelt, um neuerliche
Zuschreibungen zu vermeiden.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 3:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 222
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven