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Edith Petschnigg | Generationen im jüdisch-christlichen Dialog seit 1945
bögen der zweiten und dritten Generation der Fall. Der Austausch über in-
haltliche Fragen und ein Lernen über zentrale Spezifika der einzelnen Reli-
gionen steht nun eindeutig im Vordergrund.
Rückblick und Ausblick
Generationen im jüdisch-christlichen Gespräch lassen sich als lebensge-
schichtliche Erfahrungsgemeinschaften charakterisieren, deren jeweilige
gemeinsamen Erfahrungsfelder prägend für ihre Motivation und ihr En-
gagement im Dialog waren bzw. es nach wie vor sind. Dabei spielen trans-
generationale Übertragungen von der ersten, der Kriegsgeneration auf die
nachfolgenden Generationen, insbesondere die zweite Generation, eine we-
sentliche Rolle. Dass nachkommende Generationen die tradierten Erfah-
rungen transformieren und sich damit ein intellektueller Wandel vollzieht,
wird aus den Schilderungen von DialogakteurInnen der zweiten, dritten und
vierten Generation deutlich. So nahm die Bedeutung von Bibelauslegung
und inhaltlichem Austausch gegenüber der in der Anfangszeit dominieren-
den Vergangenheitsbewältigung beständig zu, und, damit einhergehend,
entwickelte sich immer mehr ein Dialog auf Augenhöhe.
Theologisch wie gesellschaftspolitisch ist der jüdisch-christliche Dialog,
erweitert um den Dialog mit dem Islam, heute von ebenso großer Rele-
vanz wie in seinen Anfängen nach 1945. Auch im Europa des 21. Jahrhun-
derts schwelt Antisemitismus immer wieder auf, gegenwärtig oftmals in
Form eines Antizionismus und Anti-Israelismus, im rechtsextremen und
rechtspopulistischen Lager, in radikal linken Gruppierungen und in isla-
mistischen Milieus (vgl. Embacher/Edtmaier/Preitschopf 2019). Um den
Dialog in der Gegenwart breiter zu verankern und in die nächste Genera-
tion zu führen, braucht es daher zweifelsohne – wie es eine Teilnehmerin
der Seggauer Christlich-jüdischen Studienwoche, eine Vertreterin der zwei-
ten Generation, als Zukunftswunsch zum Ausdruck brachte – „mehr dieser
Veranstaltungen und Begegnungen in gegenseitiger Wertschätzung und
Augenhöhe“.
Der jüdisch-christliche Dialog, erweitert um den Dialog mit dem Islam,
ist heute von ebenso großer Relevanz wie in seinen Anfängen.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 3:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 222
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven