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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
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Page - 127 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1

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127 | www.limina-graz.eu Johannes Thonhauser | Das Narrativ von Bedrohung und Widerstand nen Geschehnisse aus der Vergangenheit ihre Wirkmacht aber auch bis in die jeweilige Gegenwart entfalten, ohne dass sie in das offizielle Gedächtnis einer Wir-Gruppe Eingang gefunden haben. Dieser Fall liegt, so die The- se dieses Beitrags, mit dem geheim- bzw. kryptoprotestantischen Wider- stand gegen den Konfessionalisierungs- und Sozialdisziplinierungszwang von Kirche und Staat im 17. und 18. Jahrhundert vor. Seine über Generatio- nen hinweg kultivierte und tradierte mentalitätsgeschichtliche Kraft zeigte sich nicht nur im überaus hohen Anteil an Sympathisanten und Sympathi- santinnen des (illegalen) Nationalsozialismus in Kärnten vor 1938,2 son- dern wirkt auch in der überdurchschnittlich starken politischen Präferenz für Protestparteien des rechtspolitischen Spektrums bis in die Gegenwart fort. Dieser Zusammenhang soll im zweiten Teil des Beitrags herausgear- beitet werden. Zur theoretischen Einordnung dieser Phänomene sollen einerseits die Ein- sichten des Soziologen Norbert Elias zum Habitusbegriff herangezogen werden. Er erlaubt es, die viele Generationen übergreifende, langfristige Formung eines spezifischen Verhaltensrepertoires verstehbar zu machen, wie es für den vorliegenden Fall nützlich scheint. Andererseits sollen die kulturwissenschaftlichen Überlegungen von Jan und Aleida Assmann zum kulturellen Gedächtnis herangezogen werden, um ein besseres Verständnis für die Funktionen kollektiver Erinnerung erlangen zu können. Vom „Türkenkrieg“ bis zum „Abwehrkampf“: Bedrohung und Widerstand als Teil kultureller Gedächtnispflege Jan und Aleida Assmann haben in ihrer Beschäftigung mit dem kollekti- ven Gedächtnis bekanntlich die Unterscheidung zwischen kulturellem und kommunikativem Gedächtnis geprägt. Als jenes „Wissen, das im spezifischen Interaktionsrahmen einer Gesellschaft Handeln und Erleben steuert und von Generation zu Generation zur wie- derholten Einübung und Einweisung ansteht“ (J. Assmann 1988, 9), unterscheidet sich das kulturelle vom kommunikativen Gedächtnis unter anderem durch seine organisierte und rituell geformte Pflege vergange- ner Ereignisse. Während das kommunikative Gedächtnis die völlig unsys- tematische, alltagsbezogene (und nicht nur generationenübergreifende) Formung und Weitergabe von Erinnerung bzw. Wissen generell umfasst, 2 Zu Beginn des Jahres 1933 hatte die Kärntner NSDAP ca. 15 Prozent aller österreichischen NSDAP- Mitglieder. Der Bevölkerungsanteil Kärntens an Gesamtösterreich be- trug nur ca. 6 Prozent (vgl. Valentin 2005, 59).
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
3:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
222
Categories
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