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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
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128 | www.limina-graz.eu Johannes Thonhauser | Das Narrativ von Bedrohung und Widerstand markiert erst das bewusste Festhalten und Interpretieren der Erinnerung – sei es durch Rituale, Texte, bildende Kunst oder andere Formen der Objek- tivierung – den Übergang zum kulturellen Gedächtnis. Beide Formen des Erinnerns, sowohl das kommunikative als auch das kulturelle Gedächtnis, sind in hohem Maße bedeutsam für die Identität einer Wir-Gruppe (vgl. J. Assmann 1988, 10–14). So lassen sich auch die Gedenkfeierlichkeiten zur hundertsten Wiederkehr der Volksabstimmung von 1920 in Kärnten unter dem Gesichtspunkt von kulturellem und kommunikativem Gedächtnis analysieren. Hundert Jah- re markieren dabei aber wohl unweigerlich das endgültige Versiegen der Tradierung jener Geschehnisse im kommunikativen Gedächtnis: Es gibt de facto keine Zeitzeugen und Zeitzeuginnen mehr, die davon erzählen könn- ten. Die Zeitspanne der „biblischen 3–4 Generationen“ (J. Assmann 1988, 11), die den beschränkten Zeithorizont aller kommunikativen Gedächtnis- tradierung markiert, ist ausgeschöpft. Längst haben sich parallel dazu In- stitutionen gebildet, die das Gedenken an die Ereignisse nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie sorgfältig pflegen und wahren. Vereine wie der Kärntner Abwehrkämpferbund, der Kärntner Heimatdienst oder die Kärnt- ner Landsmannschaft haben das Gedenken ritualisiert und zeremoniali- siert. Dichter und Dichterinnen, Künstler und Künstlerinnen haben in der Überformung der Geschehnisse zu einem Mythos ihren Beitrag geleistet. Nicht zuletzt haben sich politische Amtsträger und Amtsträgerinnen dieses Mythosʼ je nach Interessenlage mehr oder minder bedient. Als Leitmotiv hinter diesem Mythos diente dabei das Narrativ von Bedro- hung und Widerstand. Dieses Narrativ ist aber keineswegs erst mit dem Ab- wehrkampf und der Volksabstimmung entstanden. Vielmehr wurde es im Kontext dieser Ereignisse zu einer Art Leitmotiv der gesamten Kärntner Ge- schichte überhöht und die Kärntner und Kärntnerinnen als „Wächter an der (deutschen) Grenze“ auf eine Art Schicksalsgemeinschaft eingeschworen. Um diesen Umstand zu erläutern, sollen zunächst zwei Beispiele aus der Kärntner Literatur- und Kunstgeschichte der 1930er-Jahre dienen. Beide Erst durch die organisierte und rituell geformte Pflege vergangener Ereignisse können diese in das kulturelle Gedächtnis eingehen. Der Abwehrkampf wurde zum Mythos von den „Wächtern an der (deutschen) Grenze)“ überhöht.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
3:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
222
Categories
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