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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
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Page - 137 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1

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137 | www.limina-graz.eu Johannes Thonhauser | Das Narrativ von Bedrohung und Widerstand Um eine derart langfristige mentalitätsgeschichtliche Kontinuität plau- sibel zu machen, bedarf es eines entsprechenden theoretischen Begriffs- apparates, der den gedächtnisgeschichtlichen Zugang, wie er bislang ge- wählt wurde, ergänzt. Dafür bietet sich der Begriff des Habitus, wie ihn der Soziologe Norbert Elias gebraucht hat, an. Elias beschrieb den Habitus als „soziale Persönlichkeitsstruktur“ eines Menschen, als „Gepräge […], das er mit anderen Angehörigen seiner Gesellschaft teilt. Dieses Gepräge, also der soziale Habitus der Individuen, bildet gewis- sermaßen den Mutterboden, aus dem diejenigen persönlichen Merkmale herauswachsen, durch die sich ein einzelner Mensch von anderen Mit- gliedern seiner Gesellschaft unterscheidet.“ (Elias 1987, 244) Der Habitus eines Menschen ist stets Ergebnis einer langfristigen, gene- rationenübergreifenden Formung von Verhaltensstandards. Soziale Erfah- rungen werden über den Sozialisations- bzw. Zivilisationsprozess inter- nalisiert und reproduziert. Mit dem Habitusbegriff ist es möglich, psychi- sche, soziale und biologische Prozesse als interdependent zu denken (vgl. Dorner-Hörig 2014, 34–36): Der Habitus umfasst Gestik, Mimik oder Ge- schmack ebenso wie die Art zu sprechen oder den Umgang mit Emotionen oder Körperscham. Der Körper dient somit als Speicher sozialer Erfahrun- gen. Die generationenübergreifende Weitergabe von historischen Erfahrun- gen, wie sie hier von Interesse ist, geschieht also großteils unbewusst im Miteinander der Generationen. Das kollektive Gedächtnis und der Habitus verhalten sich dabei ebenso interdependent zueinander. Woran sich eine soziale Einheit erinnern kann oder will, wird von den im Habitus gespei- cherten historischen Erfahrungen geformt, die (bewusste wie unbewusste) Weitergabe des Gedächtnisses an die nächste Generation ist wiederum Teil der Habitusgenese. In den unterschiedlichen Varianten des Narrativs von Bedrohung und Widerstand lässt sich dieses Zusammenspiel beispielhaft studieren. Während die im ersten Teilkapitel beschriebenen, offiziellen Erinnerungstraditionen Kärntens den habitusformenden Aspekt großteils bewusster Weitergabe widerspiegeln, lassen sich die Auswirkungen un- bewusster Weitergabe im Hinblick auf die mentalitätsgeschichtliche Kon- Das kollektive Gedächtnis und der Habitus verhalten sich interdependent zueinander.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
3:1
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
222
Categories
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