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Martina Schmidhuber | Mehr-Generationen-Wohnen als Zukunftsmodell
diese Tätigkeit keineswegs als Aufgabe einer einzigen Person, sondern als
eine der ganzen Familie, der Kommune und der Gesellschaft (vgl. Grone-
meyer 2013, 211). Er ist jedoch davon ĂĽberzeugt, dass gerade das Gegenteil
geschieht: Die Menschen tun sich nicht zusammen und unterstĂĽtzen ein-
ander in vulnerablen Situationen, vielmehr vereinsamen sie, nicht zuletzt
deshalb, weil allein schon die Architektur so gestaltet wird, dass keine Ge-
meinschaft möglich ist:
„Auf der Tagesordnung steht die architektonische Konstruktion der Lee-
re. Die Statistik belehrt uns schon lange darĂĽber, dass die Zahl der allein
wohnenden Menschen kontinuierlich zunimmt. Jetzt begreifen wir, dass
die kommunale Entwicklung, das Bauen in der Stadt, die Vereinsamung
zum Ziel hat.“ (Gronemeyer 2013, 238)
Wenn es also darum gehen muss, Einsamkeit zu vermeiden, Menschen in
vulnerablen Situationen gastfreundlich zu begegnen und sie bei Bedarf in
ihrem Alltag zu unterstĂĽtzen, ist es erforderlich, ĂĽber Wohnformen nach-
zudenken, die dies leisten können. Das Mehr-Generationen-Haus, in dem
Frauen die unbezahlte Fürsorgearbeit wie selbstverständlich geleistet ha-
ben, ist obsolet. Es gilt andere Formen zu finden, die dies auf gerechte Art
und Weise leisten.
Wohnformen der Zukunft – wider die Einsamkeit
In diesem Abschnitt sollen deshalb zukunftsträchtige, bereits bestehende
oder in Planung befindliche Wohnformen vorgestellt werden.
Ein schon älteres Projekt ist das Ökotopische Zentrum in Maria Lanzen-
dorf in Nieder
österreich. Das Projekt darf als äußerst erfolgreich betrach-
tet werden, da es bereits seit Anfang der 1980er-Jahre besteht und mehr
Menschen im Ă–kotopischen Zentrum wohnen wollen als Platz haben.1 Es be-
gann damit, dass eine Gruppe engagierter PädagogInnen, PsychologInnen
und ArchitektInnen, die sich fĂĽr nachhaltiges Wohnen interessierten, be-
schlossen, eine Gesinnungsgemeinschaft zu grĂĽnden, die an das Ă–kotopia
des gleichnamigen Romans von Ernest Callenbach (1975) angelehnt sein
sollte. Es ging dabei um ein umweltbewusstes, nachhaltiges Leben in Ge-
meinschaft. In Maria Lanzendorf wurde rasch eine ehemalige Textilfabrik
1 Das Ă–kotopische Zentrum stellt
keine Homepage oder sonstige In-
formationszugänge für die Öffent-
lichkeit bereit, deshalb stammen alle
hier erwähnten Informationen aus
einem persönlichen Gespräch mit
einem ehemaligen Bewohner des
Ă–kotopischen Zentrums.
Das Ökotopische Zentrum in Maria Lanzendorf in Niederösterreich
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 3:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 222
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven