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Anna-Christina Kainradl und Ulla Kriebernegg | „They say we messed it up. Killing the planet ...“
ekutive vollkommen in Anspruch nehmen. Die Tatsache dieses katastro-
phalen Szenarios beunruhigt die Protagonistin aber kaum. Die Frage der
Verantwortung für diesen Zustand der Welt scheint zunächst nicht in die
heile Welt des SeniorInnenheims zu dringen. Die Gruppe Our Turn wirft den
AltersheimbewohnerInnen jedoch Raubbau am Planeten Erde vor. Die Al-
ten hätten mit ihrer Gier den jungen Generationen die Zukunft geraubt, so
Our Turn, und damit will man die Alten nicht davonkommen lassen: Vor den
Toren der Altersheime skandiert der Mob daher laut und deutlich: „Time
to Go. Fast Not Slow. Burn Baby Burn. It’s Our Turn“ (Atwood 2014, 265, Her-
vorhebung im Original). Einige Schilder sagen „TIMES [sic!] UP. TORCH THE
DUSTIES. HURRY UP PLEASE ITS TIME“ (Atwood 2014, 262, Hervorhebungen
im Original).
Während Tobias beginnt, Fluchtpläne zu schmieden, scheinen die anderen
BewohnerInnen den Ernst der Lage noch immer nicht zu erkennen. Wie der
sprichwörtliche Frosch im lauwarmen, immer wärmer werdenden Was-
ser bleiben sie untätig und unterschätzen die lauernde Gefahr. Erst durch
eine Radiosendung, die Wilma verdutzt anhört, wird klar, dass sowohl der
Moderator als auch die Anrufenden die „Alten“ als soziale, finanzielle und
politische Last ansehen und sich längst ein Normalisierungdiskurs über die
„Alten“ als gesellschaftliche Gefahr etabliert hat:
„There is rage out there, and yes, it’s sad that some of the most vulnera-
ble in society are being scapegoated, but this turn of affairs is not without
precedent in history, and in many societies – says the anthropologist –
the elderly used to bow out gracefully to make room for young mouths by
walking into the snow or being carried up mountainsides and left there.“
(Atwood 2014, 257)
Diese Talkshow untermauert das Narrativ der BĂĽrde sowie die Schuld der
Alten durch scheinbare Wissenschaftlichkeit und unhinterfragte Geron-
tozid-Mythen. Indem ein Anthropologe mit einem Ă–konomen bespricht,
dass Gerontozid eine mögliche Lösung wäre, da die nutzlosen Alten doch
nur das ohnehin knappe Budget aufbrauchten und ihre Unschuld mehr als
fragwürdig sei, werden die zwei Argumentationsstränge thematisiert, die
als Motive fĂĽr die Handlungen der DemonstrantInnen dargestellt werden:
„They are eating up the health-care dollars, most of which are spent on
those in the last stages of ... yes, that is all very well, but innocent lives
are being lost, if I may interrupt, that depends on what you call innocent,
some of these people …“ (Atwood 2014, 257)
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 3:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 222
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven