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Anna-Christina Kainradl und Ulla Kriebernegg | „They say we messed it up. Killing the planet ...“
Die Thematisierung einer kollektiven Schuld der Alten sowie des Umgangs
mit den knappen verbliebenen Ressourcen findet hier ihren Höhepunkt.
Anfangs werden die DiskutantInnen vom Moderator anhand ihres Alters
und ihres Berufs vorgestellt. Die hohe Bedeutung, die das chronologische
Alter sowie Leistung und Verdienst schon hier haben, wiederholt sich in
der Diskussion. In einer Abfolge an Pro- und Contra-Argumenten werden
die historische Schuld der Alten fĂĽr die Klimakatastrophe, die Konsequen-
zen, die diese für sie haben sollte, und mögliche Rechtfertigungen einer
Schlechterbehandlung von alten Menschen in Zeiten der Ressourcen-
knappheit diskutiert. Dabei problematisieren die DiskutantInnen weniger
die Taten der jungen Menschen als solche, vielmehr wird auf die GrĂĽnde fĂĽr
deren Verhalten fokussiert. Die Abfolge von Argumenten ist nicht geordnet,
sie sind aufeinander bezogen und fĂĽhren doch aneinander vorbei. Manche
Argumente werden, besonders in ihrer moralisch verpönten Konsequenz,
nur angedeutet und nicht ganz ausgefĂĽhrt. Die Gruppe der alten Menschen
wird gleichzeitig als verantwortlich für die gegenwärtige Situation wie als
schwach und unschuldig beurteilt. Die Diskussion gipfelt schlieĂźlich im
Aufruf eines Anrufers „Torch the Dusties!“, auf den „upbeat radio music“
(Atwood 2014, 258) folgt.
Aufgrund der darauffolgenden Berichterstattung ĂĽber drei brennende
Alters heime in den USA beginnen die besorgten BewohnerInnen Zweifel
daran zu hegen, dass die Beteuerung der lokalen Behörden, „help is on the
way“ (Atwood 2014, 267), ernst gemeint sei. Wie auch in anderen Werken
von Margaret Atwood ist der satirische Unterton, mit dem sie Gesellschafts-
kritik anbringt, nicht überhörbar. Der Text problematisiert die diskursive
Konstruktion des Alters als nutzlos, parasitär und belastend für eine auf
Produktivität und Konsum ausgerichtete Gesellschaft. Die Lösung, die die
Kurzgeschichte als Möglichkeitsszenario vorschlägt, ist radikal. Alte Men-
schen werden zum Ziel von Gewalt, eine Entwicklung, der, wie Atwood ge-
konnt zeigt, die diskursive Legitimation in den Medien vorausgeht.
Als es Nacht wird, beginnt der Mob vor dem Heim Benzinfässer ins Gebäude
zu rollen und unter Gejohle Feuer zu legen. Hohe Flammen steigen in den
Nachthimmel. Während einige HeimbewohnerInnen, die noch mobil sind,
wild entschlossen, jedoch erfolglos versuchen, aus dem brennenden Haus
zu entkommen, haben sich andere längst ihrem Schicksal ergeben. Vor al-
„Torching the Dusties“ problematisiert satirisch die diskursive Konstruktion
des Alters als nutzlos, parasitär und belastend für die Gesellschaft.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 3:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 222
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven