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Anna-Christina Kainradl und Ulla Kriebernegg | „They say we messed it up. Killing the planet ...“
lem diejenigen, die bettlägrig sind oder Demenz haben und im „Advanced
Living Wing“ (Atwood 2014, 261) – ein weiterer satirischer Seitenhieb –
untergebracht wurden, sind hilflos sich selbst ĂĽberlassen. Tobias schafft es
in letzter Sekunde, Wilma und sich ins Freie zu retten. Aus ihrem Versteck
schauen die beiden zu, wie Ambrosia Manor ein Raub der Flammen wird,
hoffend, dass die panischen Schreie der darin gefangenen BewohnerInnen
möglichst schnell verklingen mögen (Atwood 2014, 267). Die Geschichte
endet mit Wilmas Beobachtung des Feuers und ihrer Halluzinationen. Sie
stellt fest, dass die Flammen ihren „Chuckies“ zu gefallen scheinen:
„Blended with them, flickering and soaring, are the little people, their
red garments glowing from within, scarlet, orange, yellow, gold. They’re
swirling upward, they’re so joyful! They meet and embrace, they part; it’s
an airy dance. Look. Look! They’re singing!“ (Atwood 2014, 268)
Die Alten als BĂĽrde.
Eine literaturgerontologische Einordnung
Die Beschreibung der Figuren in ihren aufwendig gearbeiteten „red vel-
vet costumes, richly textured and patterned in gold“ (Atwood 2014, 266)
und des „luftigen Tanzes“, in dem die Männer und Frauen sich zunicken,
knicksen, zusammenkommen und wieder auseinandergehen (Atwood
2014, 266), erinnert an einen Renaissance-Tanz und könnte als intertex-
tueller Bezug zum Elisabethanischen Drama gesehen werden, und zwar vor
allem zu Texten dieser Zeit, die das BĂĽrde-Narrativ des Alters behandeln,
wie etwa The Old Law (1618–1619). In der von Shakespeares Zeitgenossen
Thomas Middleton mitverfassten Tragikomödie, deren Titel als Anspie-
lung auf das kurz davor verabschiedete Elisabethanischen Poor Law von
1601 verstanden werden kann, geht es um ein herzögliches Edikt, das die
Exekution aller Frauen, die das sechzigste, und aller Männer, die das acht-
zigste Lebensjahr erreicht haben, vorsieht, sowie auch all jener Personen,
die schon davor die „second infancy“ (Middleton 2007 [1653], 1334), wo-
mit Senilität gemeint ist, erreichen. Sie werden als Bürde für sich selbst
und die Gesellschaft gesehen und gelten als nutzlos. Während Thomas
Morus in Utopia (1516) sich dezidiert gegen Gerontozid ausspricht und eine
würdevolle Pflege als Aufgabe des Staates sieht – wobei er freiwillige Eu-
thanasie fĂĽr alte, schwache und schmerzgeplagte Menschen als durchaus
sinnvoll erachtet –, ist Middletons Stück, das sich auf Morus’ Vorlage be-
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 3:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 222
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven