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Fabian Müller | Biblizismus als Retter der Tradition?
Im Folgenden soll von „Biblizismus“ allein im Sinne von 2., also einer
wörtlichen Auslegung der Bibel, die Rede sein. Eine solche Auslegetradition
der Bibel ist vor allem in den USA anzutreffen (vgl. Ruse 2018, 4–6). Weit
verbreitet ist innerhalb des gegenwärtigen Biblizismus die Unterscheidung
von drei bis vier Gattungen von Bibeltexten (vgl. Abb.1).
Die im Biblizismus anzutreffende Gleichsetzung von wörtlicher mit histo-
rischer Auslegung kann gut an die zweitausendjährige Auslegetradition der
Bibel anschließen. Weiters kennt der Biblizismus, wie schon viele andere
Ausleger, die Zuordnung der biblischen Texte zu verschiedenen Gattungen
(History, Poetry etc.). Biblische Texte, die der Gattung Poetry zugeordnet
werden, dürfen offenbar allegorisch ausgelegt werden. Die vorhin erwähn-
te allegorische Auslegung von Psalm 137,9 aus ethischen Gründen oder von
Psalm 136,6 aus ‚naturwissenschaftlichen‘ Gründen wäre somit innerhalb
des Biblizismus statthaft. Bei jenen Büchern aber, die der Gattung History
zugeordnet werden, ist die einzig legitime Auslegung eine wörtliche Exe-
gese (vgl. Chaffey 2011). Abb. 1: Classification of text
Chaffey 2011
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 4:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 4:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 224
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven