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Rita Perintfalvi | LGBTIQ-Menschen als Zielscheiben rechtspopulistischer und fundamentalistischer Angriffe
Unter den ersten eingefĂŒhrten Gesetzen ist ein Dekret zu erwĂ€hnen, das
die Rechte transsexueller Menschen massiv beschnitt, da es âdie Eintra-
gung des Geschlechtes ab Geburtâ vorschrieb und spĂ€tere Ănderungen fĂŒr
illegal erklÀrte (vgl. A kormåny 2020). Es ist kein Zufall, dass dieses Dekret
vom Stellvertretenden MinisterprÀsidenten Zsolt Sémjen (KDNP: Christ-
lich-Demokratische Volkspartei), einem (ehemaligen) katholischen Theolo-
gen, stammte, der theologisch zur ultrakonservativ-fundamentalistischen
Richtung gehört und als religiöser Eiferer bekannt ist. Dies zeigt einmal
mehr, wie religiöser Fundamentalismus und Rechtspopulismus einander
stĂŒtzen.
Auch wĂ€hrend der zweiten Welle der Pandemie geschah Ăhnliches. Am
4. November 2020 wurde abermals eine besondere Rechtsordnung ein-
gefĂŒhrt, diesmal aber auf neunzig Tage befristet. Nur wenige Tage spĂ€ter,
am 10. November, wurden von Justizministerin Judit Varga einige Ănde-
rungsvorschlĂ€ge zur Verfassung Ungarns eingereicht. Im Text des Ănde-
rungsvorschlags ist zu lesen, dass das Grundgesetz âdie Bewahrung und
den Schutz der SelbstidentitÀt des Kindes, die von Geburt an unverÀnderbar
besteht, garantiertâ, oder auch, âUngarn schĂŒtzt das Recht der Kinder auf
SelbstidentitĂ€t entsprechend ihrem Geburtsgeschlecht und sorgt fĂŒr eine
Erziehung im Einklang mit jenen Werten, die auf der verfassungsmĂ€Ăigen
IdentitĂ€t Ungarns und der christlichen Kultur basierenâ (MagyarorszĂĄg
kormĂĄnya 2020; Ăbersetzung R. P.). Obwohl die GrundgesetzĂ€nderung in
der Bevölkerung groĂe Empörung hervorrief, stimmte das Parlament die-
ser am 15. Dezember dennoch zu.
3 Kritik an der GrundgesetzÀnderung aus medizinischer Sicht
Gender Incongruence bzw. geschlechtsspezifische Abweichung
aus medizinischer Sicht
In diesem Kapitel wird eine Kritik an der ungarischen GrundgesetzÀnde-
rung aus medizinischer Sicht geĂŒbt, wobei zuerst Gender Incongruence bzw.
geschlechtsspezifische Abweichung, dann das PhaÌnomen der Intersexuali-
tÀt analysiert werden.
Die rechtspopulistische Regierung Ungarns nutzte den Ausnahmezustand
dazu, eine Reihe tiefgreifender MaĂnahmen zu setzen.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 4:1
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 4:1
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 224
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven