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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2
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Page - 89 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2

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90 | www.limina-graz.eu Gunda Werner | Freiheit und Sünde sierung des Sündenverständnisses. Damit geht einerseits die Aufgabe der Idee eines freien Willes einher als auch wird hier der entscheidende Schritt zur Erbschuldtheorie vollzogen. (Pröpper 2001, 1000)3 In dieser letzten Schrift fügt Augustinus verschiedene Theoriestränge zu- sammen. Denn durch diese Radikalisierung des Sündenverständnisses wird nun die Disposition des Menschen so verstanden, dass bei ihm be- reits das Wollen selbst Ort des Bösen ist. Das bedeutet aber nichts Gerin- geres, als dass der Mensch in das Böse schon immer einstimmt. Wenn dem aber so ist, dann kann er nicht einmal mehr der Einladung des Evange- liums frei zustimmen. Deswegen hängt alles an der Gnade, diese aber ist wesentlich frei und unfehlbar, und zwar auch unfehlbar erfolgreich. So ist es am Ende alleine Gottes Wahl, wer zum Heil kommt und wer nicht. Ver- dient hat es kein Mensch. Erwählt Gott, ist er gnädig; verwirft Gott, ist er gerecht. „Augustinusʼ Prädestinationslehre ist nicht die schauer liche Idee eines verdüsterten Menschen, sondern die Konsequenz seiner Erfahrung und Lehre von der radikalen Unfreiheit des sündigen Geschöpfs einer seits und der souveränen, unbezwingbaren Macht der göttlichen Gnade ande- rerseits.“ (Pröpper 2011, 1017) Vor allem aber revidiert Augustinus seine Lehre der Ursünde, denn nun sind alle Menschen als Nachkommen Adams schuldig, auch ohne ihr eige- nes Zutun. Damit ist die Erbschuldtheorie eine Konstruktion, die für die Prädestinationslehre, also die Lehre der Vorherbestimmung, notwendig ist; diese wiederum ist nur notwendig, um die Fragen nach dem Übel so zu lösen, dass es Gott nicht trifft. „Gott verwirft nicht aktiv, er prädestiniert nur nicht alle.“ (Pesch 1983, 34) Lehramtlich wurde freilich die doppelte Prädestination nicht übernom- men. Dennoch blieb der Gedanke der Vererbung der Schuld und mit diesem die Schwächung bis Auslöschung der Fähigkeiten des liberum arbi trium er- halten.4 Aber nicht ohne Widerspruch!5 Allerdings findet die wirkliche Aus- einandersetzung mit der Vorstellung der Freiheit und der Reichweite der Erbsünde erst durch die Reformation statt, denn besonders die Position Luthers erforderte eine Reaktion der katholischen Kirche, die sogar so weit ging, die Tradition zu verändern, denn lehramtlich konnte ja Luther nicht zugestimmt werden. c) Der Disput zwischen Erasmus und Luther Exemplarisch und geistesgeschichtlich von Bedeutung wurde deswegen der Disput zwischen Martin Luther und Erasmus von Rotterdam im Vorfeld des 3 In der theologiegeschichtlichen Rekonstruktion orientiere ich mich an der Darstellung von Pröpper 2001, weil in dieser die unterschied- lichen Meinungen bereits eingear- beitet sind. Deswegen finden weitere Entwürfe hier keine Verwendung. 4 Die 15. resp. 16. Synode von Karthago (418) und die 2. Synode von Orange (529) thematisieren den freien Willen. Es ist aber die 2. Synode von Orange, die sich in den anhaltenden Streitigkeiten zwischen der augustinischen und pelagianischen Interpretation der Freiheit und des freien Willens im Sinne sogar einer Verschärfung der augustinischen Linie geäußert hatte. Auf dieser Synode wird beschlos- sen, dass es keine postlapsarische Freiheit der Seele geben kann (DH 371); außerdem wird die Vorstellung der einen Sünde Adams, die auf alle übergegangen sei (DH 372), vertre- ten. 5 Exemplarisch sei hier Petrus Abaelardus genannt, der in seiner
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Volume 2:2
Title
Limina
Subtitle
Grazer theologische Perspektiven
Volume
2:2
Editor
Karl Franzens University Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
Size
21.4 x 30.1 cm
Pages
267
Categories
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