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Daniel Pachner | Wirklichkeit und Erfahrbarkeit digitaler Welten
die sich in den Dingen selbst vollzieht, ist geprägt von „raum-zeitlichen
Dynamiken“ (Deleuze 2007, 271) und dem Bewusstsein (Deleuze 2007,
278). Diese sind es, so Deleuze, „die aktualisieren und differenzieren“ (De-
leuze 2007, 271) und darum auch bestimmen, wie eine digitale Welt erfah-
ren werden kann und zugänglich wird. Ich möchte an dieser Stelle den Be-
griff des Interface einfĂĽhren, um die Aktualisierung und damit das Erfahren
digitaler Welten aus der Perspektive eines Users verständlich zu machen.
Der Begriff „Interface“ wird gewöhnlich mit Schnittstelle übersetzt und
dient allgemein „zum Informationsaustausch zwischen zwei Systemen,
die im technischen Sinn nicht direkt kommunizieren können“ (Hartmann
2018, 120). Es gibt unterschiedliche Formen von Interfaces, deren Gemein-
samkeit darin besteht, dass der mit dem Medium hantierende Mensch nicht
mehr ein reiner Empfänger einer Sendung ist, sondern zum User wird, dem
nun „eine Bewegung im Datenraum“ (Hartmann 2018, 117) ermöglicht
wird. Die Mannigfaltigkeit an Interfaces hat sich im Laufe der Geschichte
stetig erweitert, und der Begriff umfasst weitaus mehr als nur ein am Mo-
nitor angezeigtes Bild. Unter diesen Begriff fallen ebenso die Texterzeu-
gung am Smartphone mithilfe einer digitalen Tastatur, die Bildbearbeitung
durch entsprechende Bearbeitungssoftware oder auch das Sich-Bewegen
in und das Interagieren mit einer Online-Rollenspiel-Welt durch einen
Avatar, was mithilfe einer graphischen Benutzeroberfläche innerhalb der
Spielwelt und auĂźerhalb durch Tastenbelegungen und Mauseinstellungen
vollzogen wird.
Das Interface stellt einen Zwischenbereich dar, der weder vollständig di-
gital noch vollständig praktisch ist und als Schnittstelle den Ort darstellt,
an dem es zur Interaktion von Mensch und Maschine kommt. Das Interface
ist der Zeit- und Bewegungsraum, in dem die Aktualisierung des Digita-
len eine Differenz zu den Vermögen des natürlichen Menschen erzeugt und
eine digitale Umwelt entsteht. Das Virtuelle an ihr ist jedoch nicht, dass es
sich um eine nur scheinbare Umwelt handelt, sondern dass in ihr Mensch
und Maschine miteinander agieren können und sich dabei aktualisieren.
Wörtlich übersetzt als „Zwischengesicht“ oder „Maske“, verhüllt das
Interface Maschine und Mensch zugleich: Dem direkten Zugriff auf das
Maschinelle entzogen, braucht es die Schaffung „graphische[r] Benut-
zeroberflächen“ (Hartmann 2018, 120), die dabei zur Trennung der „Da-
Das Interface ist der Zeit- und Bewegungsraum,
in dem eine digitale Umwelt entsteht.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 3:2
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 270
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven