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Karl Stöger | Dürfen Maschinen menschliche Barmherzigkeit ersetzen?
Mit anderen Worten: Schon heute wird die „Würde der zu pflegenden Per-
son“ durch die Rechtsordnung geschützt, womit einer fehlgeleiteten Di-
gitalisierung der Pflege Grenzen gesetzt werden. Als Herausforderung der
grundrechtlichen Vorgaben erweist sich auch hier aber ihre Anwendung
auf nicht-staatliche Akteure wie die Betreiber von Pflegeeinrichtungen
oder die Hersteller von Pflegeequipment. Auch hier sind staatliche Ver-
waltungsbehörden und Gerichte angehalten, im Rahmen der Anwendung
der gesetzlichen Vorgaben (z. B. Heimaufsichtsrecht, Heimvertragsrecht,
Produktzulassungs- und -aufsichtsrecht) in Verwaltungsverfahren (Zu-
lassungs- oder Aufsichtsverfahren) oder Gerichtsverfahren (Streitigkeiten
zwischen Heim bzw. Pflegepersonal und zu pflegenden Personen; allenfalls
Strafverfahren) die grundrechtlichen Grenzen der Digitalisierung durch-
zusetzen, bei Bedarf auch unter Beiziehung von Sachverständigen.
Zwei weitere grundrechtliche Vorgaben, die fĂĽr die Digitalisierung der
Pflege ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, sind hingegen deutlich leich-
ter durchsetzbar, da die einfachgesetzlichen „Ausführungsregelungen“ zu
ihrem Schutz sehr stark ausformuliert sind.
Es ist dies zum einen das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG), das euro-
paweit durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) weitgehend
einheitlich ausgestaltet ist.
Die DSGVO erlaubt – vereinfachend dargestellt – die Verwendung von Da-
ten nur im fĂĽr die ErfĂĽllung einer Aufgabe erforderlichen AusmaĂź und un-
ter strengen Beschränkungen hinsichtlich der Weitergabe, zudem gewährt
sie Anspruch auf Auskunft, Berichtigung und Löschung von Daten. Diese
Vorgaben sind schon bei der technischen Ausgestaltung von digitalen Pfle-
geumgebungen bzw. -anwendungen zu berĂĽcksichtigen (privacy by design).
Der Vorteil der datenschutzrechtlichen Regelungen ist ihre Durchsetzbar-
keit vor der spezialisierten Datenschutzbehörde (aber auch den Gerichten)
auch gegenüber Privaten und ihre „indirekte“ Wirkung, dass Hersteller
von Geräten, die aus datenschutzrechtlicher Sicht mangelhaft sind, von
ihren Kundinnen und Kunden dafĂĽr auch zur Verantwortung gezogen
werden können (Hötzendorfer/Kastelitz/Tschohl 2018, Rz 28). Insoweit
werden die Hersteller sensorbestĂĽckter PflegeausrĂĽstung (bis hin zu
Pflege robotern) sehr darauf zu achten haben, dass ihre Produkte keinen
unzulässigen „Datenhunger“ entwickeln. Gerade auf Grund der Vulnerabi-
Das Grundrecht auf Datenschutz und
der Umgang mit Freiheitsbeschränkungen
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 3:2
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 3:2
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 270
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven