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Gerhard Langer | Essen und Trinken als Ausdruck von Identität und Diversität im (rabbinischen) Judentum
nannte Iggeret ha-Qodesch, der heilige Brief (vgl. dazu u. a. Simms 2013),
stellt eine bis heute beliebte Zusammenstellung von Richtlinien in Bezug
auf das Geschlechtsleben dar. Darin wird auf erfrischende Art Sexualität als
positiv beschrieben. Die geschlechtliche Vereinigung wird zu einem heili-
gen Akt, der auch eine Verbindung mit Gott erzeugt, wenn er in der richti-
gen Einstellung und aus ehrlicher Liebe heraus geschieht.
Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Vorbereitung auf den Geschlechts-
akt. Hier ist vor allem von der richtigen Ernährung die Rede, der sich das
4. Kapitel widmet.
„Citing classical science – meaning Aristotle, but also the proverbial
wisdom of the ancient world, as well as the medical writings of Galen
– the writer of the Holy Letter says that an animal is what it eats, hence
the nourishment determines the nature of the person that is conceived
and born. Hence foods are chosen by the laws of kashrut, cooked in an
appropriately clean and appetizing manner, and eaten in a comfort-
able and friendly social way. These meals, taken in moderation, make
the husband and wife ready for their love-making, balancing out their
humours (temperaments), strengthening them for the actual process of
conception, and ensuring that the foetus has a healthy environment in
which to develop.“ (Simms 2013, 72)
9 Die wahre Speise ist die Tora
Wie Essen und Trinken in den Bereich der menschlichen Beziehungen ge-
hört und dort mit metaphorischer Bedeutung aufgeladen werden kann, so
gilt dies noch mehr von dem wichtigsten Bindeglied zwischen Gott und
Mensch, der wahren Speise, der geistigen Nahrung, dem Inbegriff rabbi-
nisch-jüdischer Frömmigkeit, der Tora. Sie muss studiert werden und man
soll nach ihren Weisungen sein Leben gestalten.
Wenn aber Essen und Toragelehrsamkeit in engstem Zusammenhang ste-
hen, muss den Speisen und ihrer Zubereitung die gleiche Aufmerksamkeit
geschenkt werden wie der Aneignung von Wissen. Dies bedeutet einerseits
groĂźe Verantwortung fĂĽr die KĂĽchenverantwortlichen, damit ist aber auch
Die richtige Ernährung als Vorbereitung
auf den Geschlechtsakt
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 4:2
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 4:2
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 214
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven