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Ulvi Karagedik | Ansätze für eine islamische Speiseethik gemäß den islamischen Primärquellen Koran und Hadith
Maßen zu genießen und gesundheitlichen Schäden wie der Entstehung von
Diabetes oder koronaren Herzkrankheiten vorzubeugen (vgl. Rigo 2019).
Tierwohl und Tierschutz
In den islamischen Primärquellen werden gewisse Aspekte des Tierwohls
genannt. Schon der Koran betont die Wertigkeit der Tiere (vgl. Koran, 6: 38)
sowie der gesamten Schöpfung, welche sich in einem ständigen Gottes-
dienst befinde (vgl. Koran, 22: 18). Selbst die unnötige Tötung von kleins-
ten Tieren, wie z. B. Ameisen, sollte dementsprechend vermieden werden
(vgl. Koran, 27: 18–19). Der islamische Prophet verbot, Tiere ohne Grund
zu töten (vgl. an-Nasāʾī: Ḍaḥāya, 4445; 85; 4450), zu brandmarken oder zu
schlagen (vgl. Al-Buḫārī: Ṣayd, 5541; 66; 449), Tiere zu verstümmeln (vgl.
Al-Buḫārī: Ḍaḥāya, 4442, 82, 4447; Ibn Māğa: Ḏabāʾiḥ, 3185; 24), ange-
bundene Tiere zu töten oder als Ziel (für Waffen) zu nutzen (vgl. Ibn Māğa:
Ḏabāʾiḥ,3188; 27; Muslim: Ṣayd, 1959; 92; 4817). Ebenso verboten werden
das Töten von Ameisen, Bienen, Wiedehopfen und Würgern (vgl. Ibn Māğa:
Ṣayd, 3224; 25; 3224) sowie die Durchführung von Tierkämpfen (vgl. al-
Ġazzāli: 4103; 39). Darüber hinaus gilt es in der islamischen Jurisprudenz
als untersagt, Opfertiere unter einem gewissen Alter zu schlachten (vgl.
Zuhayli 1994, Bd. 4), weswegen gefolgert werden kann, dass das Lebens-
recht eines jeden Tieres zumindest eine bestimmte Zeit gewahrt werden
sollte.
Die Schächtung von Tieren
Auch bei der Schlachtung von Tieren zur Nahrungsmittelproduktion soll
das Verfahren möglichst schnell, genau, schonend und schmerzlos er-
folgen. Der Prophet gebot, zu schlachtende Tiere nur mit einem scharfen
Messer und so schmerzlos wie möglich zu schächten, um ihnen Leid zu er-
sparen:
„Und wenn ihr schlachtet, solltet ihr dies auf beste Art und Weise tun,
einer von euch sollte das Messer schärfen und dem Tier so wenig Schmer-
zen wie möglich zufügen“ (Abū Dāwūd: Ḍaḥāya, 2815; 28; 2809; Mus-
lim: Ṣayd, 1955; 84; 4810).
Daher ist es nicht erlaubt, den Schächtungsschnitt vom Nacken anzuset-
zen, den Kopf beim Schächten abzutrennen oder zu tief (bis zum Knochen-
mark) zu schneiden (vgl. Zuhayli 1994, Bd. 4). Das Schlachttier ist gut zu
behandeln, es sollte nicht durch den Anblick des Messers verängstigt wer-
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 4:2
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 4:2
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 214
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven