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Dilek Bozkaya und Alfred Garcia Sobreira-Majer | Interreligiöses Lernen am Buffet
Zum Beispiel: Weihnachten
Weihnachten, das Fest der Menschwerdung Gottes, ist – in unseren Brei-
ten – von Süßem geprägt (vgl. Bünker 2010, 8). Dafür gibt es viele Beispiele,
die auch für ein interreligiöses Buffet geeignet sind: Weihnachtsbäckereien
wie Zimtsterne, Christstollen, Lebkuchen, aber auch Bratäpfel oder Scho-
koladeschirmchen am Christbaum. Das könnte mit dem „süßen“ Kind in
der Krippe zusammenhängen, das als „O Jesulein, süß“ und mit dem süßen
Jubel von „In dulci jubilo“ besungen wird. Im Kind wird die eigene Kind-
heit präsent und der Geschmack von süßer Milch und süßem Brei. Wenn der
Himmel auf die Erde kommt, wird es süß (vgl. Bünker 2010, 8–12). Die Süße
ist der Geschmack der Verheißung und des Himmels: Das Manna, das die
Israeliten in der Wüste vor dem Hungertod bewahrt, schmeckt süß wie Ho-
nigkuchen (Ex 16,31). Das Land, das ihnen verheißen ist, ist eines, in dem
Milch und Honig fließen (Ex 3,8). Dem Psalmisten ist das Wort Gottes in
seinem Mund süßer als Honig (Ps 119,103; vgl, Ez 3,1–3; Offb 10,9–10).
Was das süße Weihnachtsgebäck angeht, so liegt sein Ursprung vermutlich
in den mittelalterlichen Klöstern. Zum Gedenken an die Geburt Jesu war
feines Backwerk üblich.
Der Zimtstern erinnert an den Stern, der die Weisen aus dem Morgenland
nach Bethlehem führte (Mt 2). Er ist aus Eischnee (Eiklar), Zucker, Man-
deln, Zimt und etwas Mehl gemacht und wurde 1538 das erste Mal schrift-
lich erwähnt: Kardinal Lorenzo Campeggio servierte das Gebäck angeblich
dem deutschen Kaiser Karl V. bei einem Besuch. Die fürstliche Umgebung
verwundert nicht. Der wohlriechende Zimt war jahrhundertelang ein sehr
teures Gewürz, das erst nach fast zweihundert Jahren seinen Weg in die
deutschen Backbücher fand (vgl. https://schmitz-nittenwilm.de/die-ge-
schichte-des-weihnachtsgebaeck/ [28.02.2021]).
Der Christstollen (Weihnachtsstollen) soll sein Vorbild in dem in weiße
Windeln gewickelten Jesuskind haben, wie an seiner länglichen, brotähn-
lichen und mit Puderzucker bestäubten Form zu sehen sei. Er ist das am
längsten bezeugte Weihnachtsgebäck (1329), bestand ursprünglich nur
aus (teurem) Weizenmehl, Wasser und Hefe und durfte erst aufgrund einer
Erlaubnis des Papstes etwa 150 Jahre danach mit Butter gemacht werden.
Trockenfrüchte und Mandeln kamen erst später dazu (vgl. Richter 2017).
Die Liste der Beispiele für Speisen zu Weihnachten ließe sich noch lange
Wenn der Himmel auf die Erde kommt, wird es süß.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Volume 4:2
- Title
- Limina
- Subtitle
- Grazer theologische Perspektiven
- Volume
- 4:2
- Editor
- Karl Franzens University Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- Size
- 21.4 x 30.1 cm
- Pages
- 214
- Categories
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven