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Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
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Page - 24 - in Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik

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24    Christian Benne 5  Abschließende Rindbemerkungen Kehren wir zum Ausgangspunkt unserer vorgestellten Rinderherde zurĂŒck. Eine Kuh ist niemals nur eine Kuh. Die ‚reale‘ Kuh als diskrete Einheit ist selber nur eine Abstraktion, eine Phantasmagorie von ‚Realisten‘. In jedem möglichen und tatsĂ€chlich realen Szenario ist die Kuh in eine FĂŒlle von sowohl physischen wie diskursiven Beziehungen eingebettet, die zudem dergestalt miteinander ver- quickt sind, dass jede Identifizierung der Kuh als Kuh nur der Anfang einer FĂŒlle von Bestimmungen sein kann. Ähnlich verhĂ€lt es sich mit Sammlungen und ihrer GegenstĂ€ndlichkeit. Die Sammlung unterscheidet sich von anderen GegenstĂ€n- den lediglich durch eine spezifische innere Beziehung und Staffelung ihrer Ele- mente, wobei es dafĂŒr eine unendliche Vielzahl von Möglichkeiten und deshalb realen wie möglichen Sammlungen gibt. Wir könnten unsere Auffassung der GegenstĂ€ndlichkeit von Sammlungen zwar auf eine Weise restringieren, die aus- schließt, Kuhherden als Sammlungen aufzufassen. Aber die auf jeden Einzelfall anwendbare Universaldefinition liegt gar nicht im Interesse des GegenstĂ€ndlich- keitsdenkens. Ich bin sicher, dass man mit Hilfe von Gabriels Sinnfeldtheorie und wohl auch mit einer intelligent weitergedachten Objektorientierten Ontologie zu Ă€hnlichen Ergebnissen gelangt. Bei Harman ist das Objekt immer mehr als seine Bestandteile, aber weniger als seine Effekte (vgl. Harman 2018, 53). Das gilt gewiss auch fĂŒr Sammlungen, besser: So wie jede Sammlung selbst ein Objekt eigenen Rechts ist, wĂ€re jedes Objekt auch eine Sammlung. Allerdings mĂŒsste man sich dann noch von einer dogmatischen Auffassung der flat ontology verab- schieden. Die Frage, worin denn die GegenstĂ€ndlichkeit von Damien Hirsts Mother and Child, Divided liege, ist genauso sinnlos wie die Frage, ob es sich dabei um KĂŒhe handele. Der Durchbruch Damien Hirsts in den 1990er-Jahren geschah zu einer Zeit, als der von den Neuen Realisten kritisierte ‚Diskursivismus‘ seinen vorlĂ€ufigen Höhepunkt erlebte. Gefördert wurde Hirst zudem von einer erfolgreichen Werbe- agentur, die durch das Spiel mit Zeichen reich geworden war. In die poststruktu- ralistischen Gewissheiten schlug die Sammlung und Ausstellung ‚realer‘ toter Tiere ein wie eine Bombe. Möglicherweise war dies ĂŒberhaupt die InitialzĂŒndung fĂŒr das neue Interesse an ‚RealitĂ€t‘, das dann freilich selbst zu einem werbetech- nisch ausschlachtbaren Phantasma wurde, wie es in der virtuellen AuthentizitĂ€ts- pose der Hipster- und Instagramkultur kulminierte, in der ebenfalls v. a. ver- meintlich authentische Momente eines ‚realen‘ Lebens gesammelt werden. Hirsts tote Tiere (darunter auch Haie und Schafe) ließen Einblicke in das Innenleben der Objekte zu, die den realistischen Blick in Form eines Hyperrealis- mus radikalisierten und damit doch wieder diskursiv aufbrachen. Ich selber sah Mother and Child, Divided zuerst in der Wanderausstellung Sensation, die nicht
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Logiken der Sammlung Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Title
Logiken der Sammlung
Subtitle
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Authors
Petra-Maria Dallinger
Georg Hofer
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-11-069647-9
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
202
Keywords
Archiv, Nachlassinventar
Categories
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