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Selbstzeugnisse sammelnâ â
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lichkeit wurden populare Selbstzeugnisse wie Lebenserinnerungen, TagebĂŒcher
oder Briefe als Wissensressourcen âentdecktâ (vgl. u. a. Wadauer 2006, 55â84).
Die durch Interviews oder persönliche Aufzeichnungen verfĂŒgbar gemachten
Informationen enthalten jeweils individuelle Aussagen der Beforschten â wobei
sie sich in Bezug auf ihre Zeitlichkeit, ihren originÀren Zweck sowie die Rolle der
WissenschafterInnen stark unterscheiden: Oral-History-Quellen sind durch die
gezielten Fragen der InterviewerInnen mitbestimmt. Zudem enthalten sie rĂŒck-
blickende Bewertungen, die vom Nachwissen des âAusgangsâ der jeweiligen bio-
grafischen Episoden beeinflusst sind. Korrespondenzen, Diarien, HaushaltsbĂŒ-
cher etc. wurden demgegenĂŒber zumeist zum Zeitpunkt der jeweiligen Ereignisse
verfasst â und dabei auch aus einem anderen Grund: Eine Postkarte wurde wohl
zur Kommunikation zwischen der Adressatin und dem EmpfĂ€nger verschickt â
und nicht als Grundlage fĂŒr ein Forschungsprojekt. Bei der Ăbergabe an ein
Archiv Ă€ndert sich der Zweck des SchriftstĂŒcks, es âwirdâ zur Quelle. Um diese
GrundsÀtzlichkeiten zu benennen, habe ich in Rekurs auf Formulierungen von
Thomas EtzemĂŒller und Peter Dudek die Bezeichnungen âhergestellte Selbstaus-
sagenâ sowie âvorgefundene Selbstaussagenâ vorgeschlagen (Gerhalter 2017,
20â21).
So unterschiedlich sie auch sind: Aus der qualitativen Forschung sind Selbst-
aussagen jeglicher Form mittlerweile jedenfalls nicht mehr wegzudenken. Dabei
werden die alltags-, kultur- oder geschlechterhistorischen Themen- und Frage-
stellungen stetig weiterentwickelt3 und der Quellenwert der verschiedenen auto/
biografischen Genres kritisch diskutiert und ausgelotet (vgl. als Ăberblick Hen-
gartner und Schmidt-Lauber 2005). Der fundierte theoretische Unterbau konnte
auch auf Ergebnissen der Literaturwissenschaften aufgebaut werden, wobei ins-
besondere feministisch ausgerichtete Arbeiten (zuerst aus dem anglo-amerikani-
schen Raum) differenzierte Darstellungen von Subjekt-Konstruktionen, der sozio-
ökonomischen HintergrĂŒnde sowie der Formenvielfalt des auto/biografischen
Schreibens geliefert haben (vgl. u. a. Smith und Watson 2010).
Selbstaussagen archivieren?
Die Initiativen zum Sammeln persönlicher Selbstaussagen sind beinahe so viel-
fÀltig wie die Quellen selbst. Dabei unterscheiden sich jene Einrichtungen, die
3â In letzter Zeit wurden etwa Forschungs- und Sammelschwerpunkte zur Migrations- oder der
Homosexuellengeschichte lanciert, wobei Selbstzeugnisse hier bislang noch schwer lukriert
werden konnten. Zur Migrationsgeschichte vgl. u. a. Akkılıç et al. (2016).
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Title
- Logiken der Sammlung
- Subtitle
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Authors
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 202
- Keywords
- Archiv, Nachlassinventar
- Categories
- Weiteres Belletristik