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Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
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Selbstzeugnisse sammeln    65 von Aufzeichnungen auch von Menschen, die gegebenenfalls eine formal höhere Bildung hatten, die damit subtil ĂŒberformt worden sein dĂŒrften. Empirische Belege fĂŒr diese EinschĂ€tzung wĂ€ren zu erbringen. Jene BestĂ€nde, die Selbstzeugnisse wie TagebĂŒcher, Korrespondenzen oder Haushaltsaufzeichnungen enthalten (also Texte, die zu einem frĂŒheren Zeitpunkt und dabei zu einem anderen Zweck angefertigt worden sind), können ihrerseits eine sehr breite soziale Streuung aufweisen. So sind unter den SchreiberInnen der Sammlung FrauennachlĂ€sse sowohl DienstmĂ€dchen dokumentiert als etwa auch die erste Frau, die von Österreich zum „außerordentlichen und bevollmĂ€ch- tigten Botschafter“ ernannt wurde. Dabei wĂ€re weiters zwischen den Personen zu differenzieren, die die Dokumente verfasst haben – und jenen, die sie an die Sammlungseinrichtungen abgeben. Letzteren ist oft eine gewisse Wissenschafts- oder zumindest BildungsaffinitĂ€t zuzuschreiben. Vor diesem – und dem Hintergrund der inzwischen seit Jahrzehnten etablier- ten Sozialgeschichte erscheint es verwunderlich, dass sich (zumindest in populĂ€- ren Formaten) ĂŒberkommene Benennungen der historischen AkteurInnen hart- nĂ€ckig zu halten scheinen. Bezeichnungen wie ‚einfache Leute‘, ‚unbekannte Personen‘, ‚namenlose ZeitgenossInnen‘ oder ‚kleiner Mann‘ (hier allesamt nicht direkt zitiert) sind immer noch zu finden. Insbesondere wenn es sich um Frauen handelt, ist zudem eine BeschrĂ€nkung auf den Vornamen nicht unĂŒblich. Damit wird die eigentlich intendierte Anerkennung paradox konterkariert. Eine mögli- che ErklĂ€rung dafĂŒr könnte sein, dass die Hegemonie der Aufmerksamkeit wei- terhin auf Personen liegt, die berufsmĂ€ĂŸig bzw. kĂŒnstlerisch schreibend tĂ€tig waren. Es herrscht jedenfalls oft eine gewisse Ratlosigkeit in der Benennung aller anderen SchreiberInnen. Als eine Möglichkeit verwende ich etwa die Formulie- rung „Personen, die in keiner prominenten Öffentlichkeit standen“. Andere Lösungen finden sich sicherlich in einschlĂ€gigen Forschungsarbeiten – oder werden noch gefunden. Im Gegensatz zur Frage der sozialen Streuung lĂ€sst sich die geschlechterspe- zifische ReprĂ€sentanz der SchreiberInnen auto/biografischer Aufzeichnungen in den SammlungsbestĂ€nden verhĂ€ltnismĂ€ĂŸig leicht fassen und auch mit konkreten Zahlen belegen. Das weitgehende Fehlen von Frauen in der Geschichtsschrei- bung war der Motor fĂŒr die frĂŒhe Frauengeschichte. Diese wurde sowohl inner- als auch außeruniversitĂ€r erarbeitet, im Kontext der sogenannten Zweiten Frau- enbewegung wurden auch eigene (Bewegungs-)Archive gegrĂŒndet. Die beiden Netzwerke fĂŒr den deutschsprachigen Raum sind frida. Verein zur Förderung und Vernetzung frauenspezifischer Informations- und Dokumentationseinrichtungen in Österreich (1992) sowie ida. Dachverband der deutschsprachigen Frauen- und Les- benarchive, -bibliotheken und -dokumentationsstellen (1994).
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Logiken der Sammlung Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Title
Logiken der Sammlung
Subtitle
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Authors
Petra-Maria Dallinger
Georg Hofer
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-11-069647-9
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
202
Keywords
Archiv, Nachlassinventar
Categories
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