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Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
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Page - 75 - in Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik

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Der eine kommt ins Archiv, der andere kommt nicht ins Archiv    75 Die erwĂ€hnte literatur- und theaterwissenschaftliche Forschung widmet sich dem Kabarett nur wenig, was vermutlich mit der grundsĂ€tzlichen Textlosigkeit zusammenhĂ€ngt.5 Wie schwer die Bearbeitung einer AuffĂŒhrung ohne Textgrund- lage sein kann, lĂ€sst sich z. B. anhand Elfriede Jelineks StĂŒck Ulrike Maria Stuart und dessen Inszenierung durch Nicolas Stemann bzw. des von Ortrud Gutjahr herausgegebenen Bandes dazu einigermaßen nachvollziehen (vgl. Gutjahr 2007). Werk- und Autorbegriffe sind schnell als Hilfskonstruktion wieder zur Hand, wo eigentlich komplexere ZusammenhĂ€nge zwischen AuffĂŒhrungssituation, Inter- pretation und auch Interaktion interessant wĂ€ren.6 Im Kabarettkontext wird deshalb oft auf bestimmte, einfacher fassbare Formen fokussiert, die stark am Inhalt interessiert sind und die AuffĂŒhrungspraxis außen vor lassen. Zumeist sind dies die politische und auch „literarische“ Dimension, mit Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky und Karl Valentin als oft implizite Bezugspunkte (vgl. Bauschin- ger 2000). Auch Arne Kapitzas Vorschlag, wie z. B. mit den großen ArchivbestĂ€n- den des deutschen Kabarettarchivs und auch YouTube-Inhalten umgegangen werden soll, zeigt wieder in eine Ă€hnliche Richtung: FĂŒr eine wissenschaftliche Analyse sollen die Texte ordentlich transkribiert und eine metrische Analyse bei Liedern durchgefĂŒhrt werden (vgl. Kapitza 2017, 215). Praktische Umsetzbarkeit wird hier offensichtlich hintangestellt. Dass die Aufzeichnung eines Kabarettabends, in welcher Form auch immer, eine zusĂ€tzliche Inszenierung bedeutet und auch ein dementsprechendes, ange- passtes Skript verwendet, wird ob der Nichtbehandlung unsichtbar. Die aufge- zeichneten Auftritte haben oft wenig mit der alltĂ€glichen Tournee-Routine-Praxis und den KleinkunstbĂŒhnen zu tun. So ist z. B. Josef Haders Programm Privat in der Burgarena Finkenstein aufgezeichnet geworden, einer FreiluftbĂŒhne, die ent- fernt an antike TheaterbĂŒhnen erinnert. Die Ausgangssituation der AuffĂŒhrung, dass ein TextgerĂŒst vorhanden ist, welches je nach Ort, Publikumszusammenset- zung oder zeitlichem Rahmen adaptiert wird, ist durch die Vor- und NachlĂ€sse im Kabarettarchiv in einigen FĂ€llen sehr gut rekonstruierbar. So finden sich z. B. im Nachlass von Peter Orthofer, der u. a. fĂŒr Alfons Haider und Hans Peter Heinzl in den 1980er- und 1990er-Jahren Programme verfasst hat, unterschiedliche Fas- sungen von ein und demselben Sketch, jeweils mit neuen und austauschbaren Überleitungen, sodass er in mehrere Programme aufgenommen werden konnte. Dies ist der Regelfall. Andere Momente bei Auftritten, die eine – spontane oder 5  Eine umfangreiche Bibliografie zum österreichischen Kabarett und dessen Geschichte findet sich in den erwĂ€hnten Werken von Iris Fink und Hans Veigl (vgl. Veigl 2013, 498–505; Fink und Veigl 2016, 447–459). 6  Ich danke Thomas Kater in diesem Zusammenhang fĂŒr wertvolle Anregungen.
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Logiken der Sammlung Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Title
Logiken der Sammlung
Subtitle
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Authors
Petra-Maria Dallinger
Georg Hofer
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-11-069647-9
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
202
Keywords
Archiv, Nachlassinventar
Categories
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