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132 Cornelia Sulzbacher
das Erfassen, Bewerten, Übernehmen, dauernde Verwahren oder Speichern
sowie das Erhalten, Restaurieren, Ordnen, Erschließen und Nutzbarmachen
von Archivgut umfasst“ (LGBl. Nr. 83/2003, § 2 Z. 3). Das „Oö. Archivgesetz“ regelt
u. a., wer seine Unterlagen dem OÖLA zur Übernahme anbieten muss, dazu
gehören beispielsweise alle Behörden und Dienststellen des Landes Oberöster-
reich, die Landesregierung und der Landtag, und wer selbst verpflichtet ist, zu
archivieren.1
Archivieren ist kein Selbstzweck. Der Erhalt von Archivgut über die Jahrhun-
derte hat nur einen Wert, wenn dieses auch dazu genutzt wird, Wissen und
In formationen zu gewinnen. Die Gruppe der BenutzerInnen des OÖLA hat sich
seit der Gründung massiv verändert. Sieht man alte „Benutzer
reverse“ aus den
1920er- und 1930er-Jahren durch, dominiert die universitäre Wissenschaft. In den
letzten Jahrzehnten ist es gelungen, die Hemmschwelle für einen Archivbesuch
deutlich zu senken. Neben StudentInnen, die an ihren Abschlussarbeiten schrei-
ben, forschen vornehmlich an Geschichte Interes
sierte zu ihren Familien oder zur
Vergangenheit ihrer Heimatorte. Dazu kommt ein großer Kreis an BenutzerInnen
mit Rechtsfragen, die in den Grundbüchern, Grundbuchanlegungsakten und den
Grundbuchurkunden re
cherchieren. Eine der größten Nutzergruppen macht
naturgemäß die Landesverwaltung selbst aus. Nur ein Bruchteil dieser Benutze-
rInnen ist auch tatsächlich im Lesesaal anwesend. Familienforschung kann bei-
spielsweise bereits über einschlägige Internetportale betrieben werden, da die
dafür notwendige Hauptquellen, die Pfarrmatriken, bereits digitalisiert wurden
und im Netz zur Verfügung stehen. Dasselbe gilt auch für historische Ausgaben
oberösterreichischer Zeitungen oder Urkundenbestände.
Auch wenn die Bestände der oberösterreichischen Landesverwaltung einen
großen Teil des Archivgutes des OÖLA ausmachen, ist dieses kein reines Ver-
waltungsarchiv. Es umfasst bspw. auch Unterlagen aus Gerichten, aufgelassenen
Stiften, Vereinen, Gemeinden, Krankenhäusern sowie Herrschaften. Dazu
kommen Sammlungen und Nachlässe unterschiedlichster Herkunft.2 Sammlun-
gen machen jedoch nur einen geringen Teil eines Landesarchives aus. Ohne sich
in den Feinheiten der Diskussion um die Frage von Bestandsdefinitionen zu ver-
1
Eine große Gefahr, mit der Archive immer wieder konfrontiert sind, ist die Tatsache, dass es
sich bei potenziellem Archivgut in der überwiegenden Mehrheit der Fälle um Unikate handelt,
einmal verloren, sind sie nicht wieder zu beschaffen. Kein Archiv der Welt ist vor Verlusten ge-
feit, die durch mangelndes Wissen über Archivierung entstehen. Allzu viel historisch Relevantes
hat bereits unrettbar in Papiermühlen sein Ende gefunden. Umso wichtiger war es, eine gesetzli-
che Grundlage für Archivierung zu schaffen, die nicht zuletzt den öffentlichen Archiven in ihren
Organisationen ein Mehr an Aufmerksamkeit gebracht hat.
2
Die Bestandsübersicht des OÖLA online unter: www.landesarchiv-ooe.at.
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Title
- Logiken der Sammlung
- Subtitle
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Authors
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 202
- Keywords
- Archiv, Nachlassinventar
- Categories
- Weiteres Belletristik