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Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
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152    Joachim Förster Rahmen von Transitional-Justice-Prozessen international zum Begriff geworden ist (vgl. Quintana 1997, 10). Opfer von Maßnahmen des MfS konnten nun Klarheit darüber erlangen, wie die Stasi in ihr Leben eingegriffen hatte (vgl. z. B. Fricke 1995), was das MfS über sie wusste und durch gesonderte Decknamenentschlüsselung auch, wer – manchmal aus dem engsten persönlichen Umfeld – Informationen über sie gelie- fert hatte (vgl. § 13 Abs. 5 StUG). Ebenso wichtig für die Opfer der Stasi ist aber auch die Gewissheit, wer den Anwerbeversuchen widerstanden hatte. Die Antragszahlen haben hier alle Erwartungen um ein Vielfaches übertrof- fen.6 Viele Menschen brauchen eine längere Zeit, bis sie sich zur Einsicht in die Stasi-Akten entschließen, wofür es verschiedene Gründe gibt. Der Umgang mit den Erkenntnissen liegt im persönlichen Bereich, lässt sich dementsprechend nicht allgemein erfassen. Der Staat kann durch die Möglichkeit der Akteneinsicht nur die Grundlage für eine persönliche Auseinandersetzung schaffen. b) Verwendung der Stasi-Unterlagen durch Gerichte und Behörden und weitere ersuchensberechtigte Stellen Für die strafrechtliche Aufarbeitung von Regimestraftaten (vgl. Marxen et al. 2007; Jahntz 2003, 309–335; § 23 StUG) waren die Stasi-Unterlagen wichtige, zum Teil entscheidende Beweismittel. Sie vollzog sich im Wesentlichen innerhalb von zehn Jahren nach der Wiedervereinigung. Am bekanntesten sind die sog. Mauer- schützenprozesse (vgl. Rummler und Marxen 2002), bei denen der Bundesge- richtshof durch den wegweisenden Rückgriff auf die Menschenrechtspakte eine Bestrafung der Täter ermöglichte (vgl. BGHSt 39, 1–2, 168–169, 353–354; BGHSt 40, 218–219; Werle 2001, 3001–3008). Ersuchen von Ermittlungsbehörden gibt es ver- einzelt auch noch gegenwärtig.7 Für die Aufhebung politisch motivierter Strafurteile (vgl. Engelmann und Vollnhals 1999; Fricke 2000) im Rahmen von gerichtlichen Rehabilitierungsver- fahren bilden vornehmlich die beim MfS verwahrten Justizakten naturgemäß eine entscheidende Grundlage (vgl. §§ 20, 21 Abs. 1 Nr. 1 StUG i. V. m. dem Straf- rechtlichen Rehabilitierungsgesetz). Schwieriger gestalten sich behördliche Wiedergutmachungsverfahren, da die MfS-Akten in vielen Fällen nicht die vom Antragsteller erhofften Belege für beruf- 6  Noch im letzten Jahrzehnt lag die Zahl zum Teil über 100.000 p. a., im Jahr 2019 waren es noch 56.000 (vgl. BStU 2019, 30 und 84). Insgesamt betrug die Zahl der Personen, die eine persönliche Akteneinsicht beantragt haben, über 2,1 Mio. 7  Hierbei handelt es sich in der Regel um die Ermittlung in allgemeinen Mordfällen oder Terror- straftaten (vgl. § 23 Abs. 1 StUG).
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Logiken der Sammlung Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Title
Logiken der Sammlung
Subtitle
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Authors
Petra-Maria Dallinger
Georg Hofer
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-11-069647-9
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
202
Keywords
Archiv, Nachlassinventar
Categories
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