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Gestapo/Sonderauftrag Linz/Central Collecting Point München …   
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„590“ findet sich auch auf den rückseitigen Aufklebern an den beiden Werken
von Markó und Pettenkofen, ehemals im Bestand der Österreichischen Galerie,
und von Schindlers Holländischer Landschaft (590/200), restituiert von der Neuen
Galerie in Graz.15 Aufgrund der erhaltenen Klebeetiketten mit der identen Chiffre
„590“ ist evident, dass es sich bei den auf der Vugesta-Liste vom 19. Dezember
1941 angeführten Kunstwerken um entzogenes Vermögen von Mathilde und Gott-
lieb Kraus handelt (vgl. Archiv BDA, B). Zu verweisen ist in diesem Kontext auch
auf die entsprechenden Eintragungen in den Journalbüchern der Vugesta, wo in
Band 7 unter Nummer 4423 die Verwertung des Vermögens von Gottlieb Kraus
vermerkt ist.16
Aufgrund der mit 17. September 1946 in Kraft getretenen Vermögensentzie-
hungs-Anmeldungsverordnung, die der Erfassung arisierter und anderer ent-
zogener Vermögen dienen sollte, übermittelte der interimistische Leiter der Öster-
reichischen Galerie, Fritz Novotny, an das zuständige Magistratische Bezirksamt
im Herbst 1946 eine Aufstellung von 26 Kunstwerken, „die im Lauf der Jahre der
nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich aus jüdischem Besitz für die
Österreichische Galerie erworben wurden“ (Archiv Belvedere, B).
Diese stammen aus acht namentlich genannten Sammlungen – Josef Blau-
horn, Viktor Ephrussi, Wilhelm Freund, Gertrud Felsöványi, Irma Götzl, Robert
Mendelssohn, Robert Pollak, Leopold Weinstein – bzw. hatten eine unbekannte
Provenienz. Darunter waren Ankäufe aus dem Wiener Dorotheum und von der
Vugesta bzw. Ãœberweisungen der Reichsstatthalterei. Auch das 1942 erworbene
Pettenkofen-Gemälde Zigeunergespann wurde mit dem Vermerk „Unbekannter
Eigentümer“ und als Ankauf von der Vugesta angemeldet (vgl. Archiv Belvedere,
B). Eine Zuordnung des Gemäldes zur Sammlung Kraus, die aufgrund der vorlie-
genden Unterlagen im Archiv des Bundesdenkmalamtes leicht möglich gewesen
wäre, erfolgte in der unmittelbaren Nachkriegszeit und nur fünf Jahre nach der
Beschlagnahmung durch die Gestapo nicht. Auf entsprechende Nachforschun-
gen des Bundesdenkmalamtes über den Verbleib beschlagnahmter Kunstwerke,
die von der Vugesta verwertet worden waren, bestätigte die Österreichische
Galerie 1949, dass „das Bild von Pettenkofen ‚Zigeunerwagen am Wasser‘ von der
15  Vgl. https://www.museum-joanneum.at/neue-galerie-graz/ueber-uns/restitution/restituier-
te-objekte/an-die-erben-nach-gottlieb-und-mathilde-kraus (25.11.2019).
16  Unter den angeführten Käufern scheint nicht nur der Direktor der Österreichischen Galerie,
Bruno Grimschitz, auf, sondern auch „Dr. Posse 10.I.42 11.500.–“, „Albertina 8.VII.42 2.500.–“ die
Neue Galerie: „Graz 14.IV.42 3.400.–“ und Heinrich Hoffmann, „17.VI.43, 9.800.–“ (siehe die Journal-
bücher der Vugesta: Nummer 4423, Kraus Gottlieb/IV Wohllebeng. 16/1/5; Staatsarchiv, C).
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Title
- Logiken der Sammlung
- Subtitle
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Authors
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 202
- Keywords
- Archiv, Nachlassinventar
- Categories
- Weiteres Belletristik