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92 | Heinrich Berger und Alexander Prenninger
des ITS die gerade fĂĽr dieses Projekt relevanten Daten der Ăśberlebenden zu weiteren
Haftorten erhoben werden. In den Dokumenten des ITS finden sich dabei nicht nur
Quellen aus den Konzentrationslagern, sondern auch aus anderen nationalsozialisti-
schen Haftstätten wie Zwangsarbeitslagern oder Gefängnissen. Die Qualität der ITS-
Daten ist jedoch regional eingeschränkt : Sie nimmt von Westen nach Osten ab, das
heißt, Haftorte in West- und Mitteleuropa sind quellenmäßig wesentlich besser belegt
als solche in Ost- und SĂĽdosteuropa.22 Nicht eingesehen wurden die zum Zeitpunkt
der Recherchen noch nicht digitalisierten Korrespondenzen von Ăśberlebenden mit
dem ITS zum Zwecke von Haftbestätigungen, die sogenannten T/D-Akten. Für jene
Ăśberlebenden, die als sowjetische Kriegsgefangene in den deutschen Machtbereich
gelangt waren, erwies sich die russische Datenbank OBD-Memorial als hilfreich, in
der die Unterlagen aus deutschen und anderen Kriegsgefangenenlagern online gestellt
sind.23 So konnte etwa auch die fast unglaublich klingende Erzählung des russischen
Ăśberlebenden Sergej Driga ĂĽber seinen Weg von der Krim nach Mauthausen, auf dem
er mehrere Male flüchtete und der ihn über die Ukraine, Polen, Rumänien und Un-
garn führte, durch ein in dieser Datenbank gefundenes Dokument aus einem rumä-
nischen Kriegsgefangenenlager belegt werden.24 Weitere Datenbanken, die zu Recher-
chen benutzt wurden, sind etwa das Livre mémorial der französischen Fondation de
la Mémoire de la Déportation, das spanische Libro memorial, die Theresienstädter Da-
tenbank oder die Opfer-Datenbank des Dokumentationsarchivs des österreichischen
Widerstandes. Die Angaben der MSDP-Datenbank wurden auch mit den Datenbanken
von Yad Vashem und des United States Holocaust Memorial Museum abgeglichen.25
Weitere Informationen sind in die MSRP-Datenbank aus publizierten Erinnerungs-
berichten, Biografien, Zeitschriften von Überlebendenverbänden etc. eingeflossen. In
der Häftlingsdatenbank von Mauthausen konnten 647 der 846 interviewten Personen
gefunden werden. Aufgrund der fehlenden Überlieferung von Täterquellen zu vielen
22 Zu den Recherche- und Forschungsmöglichkeiten im ITS siehe etwa die Beiträge in Henning Borggräfe
(Hg.) : Freilegungen. Wege, Orte und Räume der NS-Verfolgung, Göttingen 2016 (Jahrbuch des Interna-
tional Tracing Service, 5) ; grundsätzlich dazu Dan Stone : The Memory of the Archive. The International
Tracing Service and the Construction of the Past as History, in : Dapim. Studies on the Holocaust 31.2
(2017), S. 69–88.
23 ODB-Memorial ist die online verfĂĽgbare Datenbank der sowjetischen Kriegsgefangenen (https://obd-
memorial.ru). Eine Beschreibung der Datenbank und eine Gebrauchsanweisung zur Benutzung ohne
Russischkenntnisse bieten Reinhard Otto/Rolf Keller : Zur individuellen Erfassung von sowjetischen
Kriegsgefangenen durch die Wehrmacht, in : Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 59.4 (2011), S. 563–577,
hier 564 f.
24 URL : http://obd-memorial.ru/html/info.htm ?id=67670333 (16. 10. 2020).
25 Die Pages of Testimony in Yad Vashem erwiesen sich dabei als unzuverlässige Quellen, da zahlreiche
Überlebende des MSDP dort als verstorben ausgewiesen wurden. Zu diesem Problem vgl. Maria Hörtner/
Alexander Prenninger : Verstreute Quellen – verlässliche Quellen ? Zur Dokumentation von nicht-regis-
trierten und nach der Befreiung verstorbenen Deportierten des KZ Mauthausen, in : Gedenkbuch Maut-
hausen, Bd. 1, S. 35–40.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Volume 1
- Title
- Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
- Volume
- 1
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Heinrich Berger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21217-1
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 426
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen