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176 | Dieter Pohl
Tod bedeuten. Ab 1942 konnte den Juden ohnehin nur noch mit einem Versteck ge-
holfen werden. Doch lag ein Ende der deutschen Besatzungsherrschaft damals noch in
weiter Ferne und die Gefahr der Denunziation war ĂŒberall hoch. Freilich ist auch auf
wichtige Aktionen hinzuweisen, etwa den Februarstreik 1941 zugunsten der hollÀndi-
schen Juden oder die Hilfe bei Flucht und Versteck in ganz Europa, etwa in DĂ€nemark,
Italien, Belgien und Polen. Politisch Verfolgte dagegen konnten auf gröĂere Netzwerke
zurĂŒckgreifen, die ihnen Untertauchen und Ăberleben sicherten, unter UmstĂ€nden
auch die Flucht in unbesetzte Gebiete ; kaum galt dies hingegen fĂŒr flĂŒchtige Rotarmis-
ten, deren Helfer freilich auch mit dem Tod bedroht waren. Erst am Anfang der Erfor-
schung stehen individuelle Denunziationen oder gar Morde Einheimischer im besetz-
ten Polen und anderswo an Juden, die ohne deutsche Anweisung erfolgten.21
Begrenzte Interaktion
Im Kern war die nationalsozialistische Verfolgung jedoch nicht am Verhalten der ein-
heimischen Bevölkerung interessiert, soweit es sich nicht gegen die Besatzungsmacht
richtete. Ausgangspunkt bildeten Strukturen des Rassismus, die allerdings nicht genau
festgelegt waren und weiterhin Gegenstand von Diskussionen zwischen und innerhalb
der Akteursgruppen der Verfolgung blieben. So herrschte unter den Besatzern Einig-
keit im Antisemitismus, die Behandlung der Slawen war jedoch permanent umstritten
und unterlag politischen Anforderungen. AuĂerdem entwickelten die Vernichtungs-
programme ihre jeweilige Eigendynamik, die aber unter UmstÀnden wieder modifi-
ziert werden konnte.
Die Verfolgung der Juden grĂŒndete zum gröĂten Teil in der politisch-gesellschaft-
lichen Dynamik im Deutschen Reich, in erster Linie natĂŒrlich dem rassistischen Kon-
zept des Nationalsozialismus und seinem barbarischen Aktivismus, aber teilweise auch
dem Konsens in Teilen der deutschen Eliten. Etwas anders sieht es bei der Verfolgung
der Sinti und Roma aus, die teilweise autonom in einzelnen LĂ€ndern forciert wurde, so
besonders in RumÀnien und Kroatien. Dass gerade diese Opfergruppen in den meisten
LĂ€ndern oft gesellschaftlich isoliert waren, erleichterte zwar das Mordhandwerk der
TĂ€ter, war aber nicht ursĂ€chlich fĂŒr die Verfolgung.
Der Mord an etwa zweieinhalb Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen war hin-
gegen nicht von langer Hand geplant (mit Ausnahme bestimmter Gruppen), sondern
entwickelte sich aus der strategisch-ökonomischen Situation der zweiten JahreshÀlfte
1941. NatĂŒrlich wurden auch hier rassistische Muster wirksam, wie nicht zuletzt die
21 Bahnbrechend : Barbara Engelking/Jan Grabowski (Hg.) : Dalej jest noc. Losy ƻydów w wybranych po-
wiatach okupowanej Polski [Es ist noch Nacht. Das Schicksal der Juden in ausgewÀhlten Kreisen des
besetzten Polens], Warszawa 2018.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Volume 1
- Title
- Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
- Volume
- 1
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Heinrich Berger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21217-1
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 426
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen