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Konzentrationslager Mauthausen-Gusen 1938–1945 |
Granitsteinbrüchen (Ostmark und Bayerischer Wald), um auch hier Baumaterial für die Bau-
ten des Reiches zu produzieren.»6
Die Vorbereitungen für die Errichtung eines Konzentrationslagers in der Nähe von Gra-
nitsteinbrüchen in Oberösterreich wurden offensichtlich in größter Eile abgewickelt –
unmittelbar, nachdem Flossenbürg aufgrund des dortigen Granitvorkommens als
KZ-Standort ausgewählt worden war.7 Die Entscheidung für die Steinbrüche nahe der
Stadt Linz dürfte auch durch den geplanten Ausbau der «Führerstadt» beeinflusst wor-
den sein.8
Vermutlich noch im März inspizierten Oswald Pohl, Theodor Eicke und möglicher-
weise auch Heinrich Himmler in Begleitung eines technischen Stabs die Steinbrüche in
Mauthausen und Gusen.9 Bereits drei Wochen vor der offiziellen Gründung der DESt
verhandelte deren späterer Geschäftsführer, SS-Sturmbannführer Arthur Ahrens, am
8. April 1938 mit Vertretern der Stadt Wien über die Verpachtung der im Besitz der
Stadt befindlichen Steinbrüche für die Errichtung eines staatlichen Konzentrations-
lagers.10 Noch am 16.
Mai sollte im Auftrag der SS der Steinbruchbetrieb mit 30 zivilen
Arbeitern aufgenommen werden.11
Parallel zu den Gesprächen mit der Stadt Wien sind offensichtlich auch Verhand-
lungen mit dem Steinbruchunternehmer Anton Poschacher über den Kauf eines Stein-
bruches in Gusen geführt worden. Am 25. Mai 1938 wurde ein Vertrag über den Ver-
kauf von Grundstücken und Gebäuden an die DESt sowie über die Übernahme der
Pachtrechte für den Steinbruch Gusen unterzeichnet.12 Die Gültigkeit der Abbaurechte
6 Aktenvermerk von Hans Saupert, Stabsleiter des Reichsschatzmeisters der NSDAP, vom 17. 6. 1938 betr.
Besprechung mit Oswald Pohl u. a. am 15. 6. 1938, Bundesarchiv (BArch) Berlin, NS 1/547, S. 4–6, vgl.
Drobisch/Wieland, System der NS-Konzentrationslager, S. 260.
7 Der Geschäftsführer SS-Sturmbannführer Arthur Ahrens musste die DESt-Betriebe «gewissermaßen aus
dem Boden stampfen» ; zit. nach Kaienburg, Die Wirtschaft der SS, S. 608.
8 Botz, Nationalsozialismus in Wien, S. 343–350.
9 Siehe dazu Kaienburg, Die Wirtschaft der SS, S. 622 f. Die Besichtigung der Steinbrüche durch die SS-Füh-
rer ist nicht genau zu datieren. Maršálek gibt, ohne Referenz, an, dass Himmler und Pohl die Steinbrüche
«in diesen Märztagen» inspiziert hätten, zudem habe Ende Mai eine «zweite Besichtigung des künftigen
KZ-Geländes» durch Pohl, Eicke und den SS-Bauingenieur Hubert Karl stattgefunden. Der zweite Termin
deckt sich mit der Eidesstattlichen Erklärung von Hubert Karl vom 21. Juni 1947, Staatsarchiv Nürnberg,
Nürnberger Dokument NO-4007. Bei diesem Termin dürfte das Gelände südöstlich des Steinbruches
Wiener Graben als Standort für das Häftlingslager bestimmt worden sein. Vgl. Hans Maršálek : Die Ge-
schichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation, Wien 42006 [1974], S. 14.
10 Schreiben der Magistratsdirektion der Stadt Wien an den Bürgermeister Hermann Neubacher, 8. April
1938, Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA), 1.5.3.A1, 1849/38.
11 Schreiben der Magistratsdirektion an den Bürgermeister der Stadt Wien, 13.
Mai 1938, WStLA, 1.5.3.A1,
1849/38.
12 Bezirksgericht Mauthausen, Grundbuch-Urkunde TZ 586/38. Vgl. auch Kaienburg, Die Wirtschaft der
SS, S. 624. Im Jahr 1938 wurde auch noch der Steinbruch Kastenhof gepachtet.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Volume 1
- Title
- Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
- Volume
- 1
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Heinrich Berger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21217-1
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 426
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen