Page - 220 - in Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik, Volume 1
Image of the Page - 220 -
Text of the Page - 220 -
220 | Christian DĂĽrr und Ralf Lechner
Parallel dazu wurden die Gefangenen aber auch schon zur Arbeit fĂĽr die DESt ein-
gesetzt, die für die SS höchste Priorität hatte. Anfang 1939 wurden Verhandlungen mit
der Stadt Wien ĂĽber den Kauf der gepachteten SteinbruchgrundstĂĽcke im Wiener Gra-
ben aufgenommen, die schlieĂźlich 1941 in das Eigentum des Reichs ĂĽbergingen.30 Die
drei Granitsteinbrüche in Mauthausen und Gusen bildeten somit den größten Stein-
verarbeitungsbetrieb der DESt.31
Schon im Jahr 1938 waren KZ-Häftlinge zur Arbeit in den drei Steinbrüchen Wiener
Graben, Kastenhof und Gusen herangezogen worden. Zunächst mussten die Häftlinge
vor allem am Ausbau der Infrastruktur in den SteinbrĂĽchen arbeiten. 1938/39 arbeite-
ten die Häftlinge bei der Errichtung von Verkehrswegen und vor allem der Schotter-
brechanlage im Betrieb Wiener Graben sowie einer Unterkunftsbaracke in Gusen.32
Zugleich wurde aber in den SteinbrĂĽchen auch schon die Produktion aufgenommen ;
dies war vor allem im besser erschlossenen Steinbruch Wiener Graben bereits möglich.
Zu Jahresbeginn 1939 waren für die DESt in Mauthausen und Gusen 375 Häftlinge
im Einsatz, im Dezember dieses Jahres 1066 Häftlinge.33 Ein Teil der Steinproduktion
wurde für den Aufbau des Häftlingslagers verwendet. Häftlinge des Steinträgerkom-
mandos unter FĂĽhrung des berĂĽchtigten SS-HauptscharfĂĽhrers Hans Spatzenegger34
mussten den Transport von Granitblöcken vom Steinbruch hinauf zum Lagergelände
besorgen. Diese Häftlinge waren bei der extrem kräftezehrenden Arbeit nicht nur der
Witterung, sondern auch den Misshandlungen durch SS-Angehörige schutzlos ausge-
setzt.35
1939 überstellte die SS weitere KZ-Häftlinge, in der Mehrzahl aus Dachau, nach
Mauthausen. Der Stand von 994Â
Häftlingen am 31.Â
Dezember 1938 erhöhte sich durch
die Überstellung von drei Häftlingstransporten aus dem KZ Dachau auf 2666 zum
Jahresende 1939.36 Nach der Überstellung von 700 als «Vorbeuge-Häftlinge» bzw. «Ar-
beitsscheue» kategorisierten Häftlingen am 21. März 1939 trafen am 8. Mai die ersten
als «politisch» Kategorisierten in Mauthausen ein.37 In kleiner Zahl wurden im Juni die
30 Der Vertrag wurde allerdings erst 1944 rechtskräftig ; vgl. Andreas Kranebitter : Der Steinbruch «Wiener
Graben» und die Einrichtung des KZ Mauthausen, in : Bundesministerium für Inneres (Hg.), KZ-Ge-
denkstätte Mauthausen | Mauthausen Memorial 2008, Wien [2009], S. 58–73, hier 61. Insgesamt wurden
später noch Grundstücke in der Größe von 45,9 Hektar erworben, Prüfbericht der DESt 1938–1940,
BArch, NS 3/756, Bl. 15.
31 Kaienburg, Die Wirtschaft der SS, S. 626.
32 Ebd., S. 627 f.
33 Ebd., S. 635.
34 Zu Spatzenegger siehe Gregor Holzinger : Hans Spatzenegger, in : ders. (Hg.), Die zweite Reihe, S. 158–
160.
35 Erinnerungsbericht Franz Jany, S. 35, AMM, A/03/03.
36 Zu- und Abgangsbuch des Konzentrationslagers Mauthausen 18. August 1938 – 10. Oktober 1939,
1.1.26.1, ITS Digital Archive, Arolsen Archives.
37 Ebd. Im Rahmen eines Austausches von Häftlingen zwischen Dachau und Mauthausen wurden im Mai
301 Häftlinge der Kategorien «BV» («Berufsverbrecher») und «AZR» («Arbeitszwang Reich») nach Da-
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
back to the
book Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik, Volume 1"
Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Volume 1
- Title
- Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
- Volume
- 1
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Heinrich Berger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21217-1
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 426
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen