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243Das
Konzentrationslager Mauthausen-Gusen 1938–1945 |
Am 30.Â
April 1942 berichtete der Leiter des SS-WVHA Oswald Pohl an Himmler, dass
sich die Aufgabe der Konzentrationslager
«hinsichtlich des Häftlingseinsatzes grundlegend geändert [hat]. Die Verwahrung von Häft-
lingen nur aus Sicherheits-, erzieherischen oder vorbeugenden GrĂĽnden allein steht nicht
mehr im Vordergrund. Das Schwergewicht hat sich nach der wirtschaftlichen Seite hin
verlagert.»139
Zur Durchsetzung der «Mobilisierung aller Häftlingsarbeitskräfte» tauschte Pohl im
Sommer 1942 ein Drittel der amtierenden KZ-Kommandanten, die seit FrĂĽhjahr auch
fĂĽr den Arbeitseinsatz verantwortlich waren, aus. Trotz seines Terrorregimes konnte
aber Franz Ziereis seine Stellung im KZ Mauthausen behalten.140 Zugleich fĂĽhrte Pohl
in den Konzentrationslagern «Vergünstigungen» ein, welche die Häftlinge zu höhe-
rer Produktivität motivieren sollten. Dazu zählten unter anderem die Erlaubnis, Le-
bensmittelpakete empfangen zu dürfen, die Errichtung einer «Häftlingskantine» sowie
die Einführung eines Prämiensystems. Da aber der Großteil der Häftlinge von den
Vergünstigungen ausgeschlossen war, brachten diese Änderungen nur für die ohnehin
privilegierten Häftlinge verbesserte Existenzbedingungen. Mit dem Arbeitseinsatz für
die Kriegswirtschaft in dem sich etablierenden AuĂźenlagersystem wurde aber auch der
KZ-Komplex Mauthausen/Gusen nachhaltig verändert.
Expansion des AuĂźenlagersystems
Waren zu Jahresende 1941 noch etwa 15.900 KZ-Häftlinge in den Lagern Mauthausen
und Gusen sowie in kleiner Zahl in den Außenlagern Bretstein und Vöcklabruck ge-
fangen gehalten, so sollte das Lagersystem durch Einrichtung immer neuer AuĂźenla-
ger und Einlieferung einer immer größeren Zahl von Deportierten um ein Vielfaches
erweitert werden. Dieser Entwicklung innerhalb des KZ-Systems waren versuchte und
realisierte Kooperationen zwischen SS und Wirtschaft vorausgegangen. Der Bedarf der
Industrie an Arbeitskräften aus den Konzentrationslagern war in Österreich, zumal
im Reichsgau Oberdonau, besonders stark ausgeprägt. Bei dem forcierten Aufbau der
Grundstoff- und Rüstungsindustrie nach dem «Anschluss» Österreichs machte sich
der eklatante Mangel an Arbeitskräften besonders bemerkbar, da hier kaum «Stamm-
belegschaften» verfügbar waren.141 Nachdem erste Planungen zur Produktion von
139 Brief Pohl an Himmler betr. Eingliederung der IKL in das SS-WVHA, 30. April 1942, IMT, Bd. 38,
R–129, zit. nach Orth, System, S. 165 f.
140 Vgl. Karin Orth : Die Konzentrationslager-SS. Sozialstrukturelle Analysen und biographische Studien,
Göttingen 2000, S. 205–214.
141 Bertrand Perz : Der Arbeitseinsatz im KZ Mauthausen, in : Ulrich Herbert et al. (Hg.), Die national-
sozialistischen Konzentrationslager. Entwicklung und Struktur, Bd. 2, Göttingen 1998, S. 533–557, hier
535 f.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Volume 1
- Title
- Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
- Volume
- 1
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Heinrich Berger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21217-1
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 426
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen