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38 | Alexander von Plato
gina Lamstein glaubte, dass die kommunistische Polizei in Warschau den Briefverkehr
blockiert habe. Zum Zeitpunkt des Interviews lebte sie mit einer mageren Rente allein
in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Frankfurt am Main.
Georg Langkraer
Georg Robert Siegfried Langkraer ist Jahrgang 1916 und stammt aus Stendal in Sach-
sen-Anhalt, wo er auch die Volksschule besuchte.50 Unklar blieben sein familiärer Hin-
tergrund sowie seine Berufsausbildung. Er gab an, un- oder angelernte Hilfstätigkeiten
ausgeübt zu haben – unter anderem auf dem Bau, bei einem Holzhändler, bei einem
Pferdeschlächter sowie bei der Stadtreinigung von Hamburg. Die Kontaktaufnahme
mit Herrn Langkraer gestaltete sich in mehrfacher Hinsicht als problematisch : Die
deutsche Lagergemeinschaft Mauthausen hatte zwar das Gespräch vermittelt, er war
allerdings «Asozialer» im Lager gewesen und innerhalb der Lagergemeinschaft wenig
beliebt, unter anderem weil er damit prahlte, im Krieg «viele Russen abgeknallt» zu
haben. Die direkte Kontaktaufnahme war schwierig : Nach mehreren vergeblichen
Versuchen kam es jedoch zu einem Gesprächstermin, der dann zusammen mit Frau
Langkraer in einem benachbarten Restaurant stattfand.
Aus dem Interview erfährt man, dass Georg Langkraer 1935 oder 1937 vermutlich
wegen einer Schlägerei in Stendal verhaftet worden war und über Torgau und die Kon-
zentrationslager Lichtenburg, Buchenwald und Mauthausen in das Außenlager Gusen
kam.51 Dort wurde er «in eine Uniform gesteckt» und über Sachsenhausen zunächst an
die Ostsee und dann nach Warschau geschickt, später vermutlich auch an die Ostfront.
Gegen Ende des Krieges desertierte Herr Langkraer und tauchte in Wien unter.52
50 AMM, MSDP, OH/ZP1/231, Interview mit Georg Langkraer, Interviewerin : Julia Obertreis, Hamburg,
26. 9. 2002.
51 Nachforschungen ergaben, dass Georg Langkraer Mitte März 1937 in Stendal oder Magdeburg verhaf-
tet und in das Konzentrationslager Lichtenburg eingewiesen wurde. Anfang August 1937 kam er nach
Buchenwald und Mitte Oktober 1938 nach Mauthausen, von wo er in das Lager Gusen überstellt wurde.
Nach vier Jahren in Gusen wurde Georg Langkraer im Oktober 1942 nach Sachsenhausen überstellt.
Ende Juli oder Anfang August 1944 war er kurzfristig in dem Ravensbrücker Außenlager Barth bei Stral-
sund und musste dort für die Heinkelwerke arbeiten. Bereits nach einer oder zwei Wochen kam er nach
Sachsenhausen zurück, wo er schließlich der SS-Sonderbrigade Dirlewanger eingegliedert wurde. Vgl.
Individuelle Unterlagen Georg Langkrär, Doc. No. 6440836, 1.1.5.3, und Doc. No. 1579350, 1.1.26.3, ITS
Digital Archive, sowie T/D-Akt Nr. 712464, Arolsen Archives. Die Daten wurden dankenswerterweise
von Susanne Urban zur Verfügung gestellt.
52 Die Dirlewanger-Brigade wurde im September 1944 zur Niederschlagung des Warschauer Aufstandes
und ab Oktober 1944 zur Bekämpfung des Slowakischen Nationalaufstandes eingesetzt. Während des
Einsatzes in der Slowakei flüchteten hunderte der Zwangsrekrutierten und liefen zur Roten Armee über.
Ende Jänner 1945 wurde die Einheit an die Oderfront verlegt ; der größte Teil der Brigade geriet Ende
April 1945 in sowjetische Gefangenschaft. Siehe Hellmuth Auerbach : Die Einheit Dirlewanger, in : Vier-
teljahrshefte für Zeitgeschichte 10.3 (1962), S
250–263 ; Christian Ingrao : Les chasseurs noirs. La brigade
Dirlewanger, Paris 2006. Georg Langkraer gab dagegen in den 1950er Jahren an, in amerikanische
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen