Page - 98 - in Deportiert nach Mauthausen, Volume 2
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98 | Peter Hallama
«Einen haben wir vom Bahnhof Mauthausen bereits tot ins Lager gebracht und zwei wurden
sofort bei der ersten Untersuchung dem Tode zugefĂĽhrt, denn sie waren so schwach, dass sie
sich nach Meinung der Blockältesten zu keiner Arbeit mehr eigneten. – So freundlich war
mein Empfang in meinem neuen Zuhause.»54
In all den zugänglichen Zeugnissen und Erinnerungen von Mauthausen-Häftlingen,
die in den Jahren 1941 und 1942 in das Konzentrationslager gebracht wurden, istÂ
– wie
hier bei Štěpán Trochta – eines zu erkennen : Mit einer gewissen Distanz, mit einer
ungebrochenen Zuversicht und zuweilen mit Ironie wird der Aufbruch ins «neue Zu-
hause» geschildert. Dieser Weg stellt eine neue Herausforderung dar, die unerschrocken
angenommen wird. Resignation und Passivität, ja Kraftlosigkeit und Tod kommen in
diesen Erzählungen nur in der Beschreibung anderer vor.
RĂĽckkehr zur Tagesordnung
Wiewohl die Massentransporte tschechischer Häftlinge aus dem Protektorat Böhmen
und Mähren ins KZ Mauthausen in die Amtszeit Reinhard Heydrichs in Prag sowie
in die Zeit der Terrorwelle nach seinem Tod fallen, fanden auch danach Deportatio-
nen nach Mauthausen statt. Die nationalsozialistische Besatzungspolitik, zunehmend
unter der Federführung Karl Hermann Franks, Höherer SS- und Polizeiführer und
Staatssekretär bzw. -minister im Protektorat, stand jedoch nach dem Ausklingen der
«Heydrichiade» deutlich unter dem Zeichen einer «Entpolitisierung» der Tschechen :
Man bemühte sich, durch Zugeständnisse und mäßigende Äußerungen Ruhe unter
der Bevölkerung zu stiften und somit den wichtigen Beitrag des Protektorats für die
Kriegswirtschaft zu sichern. Die Repressionen gegen dem Regime missliebige Perso-
nen sowie das Vorgehen gegen den tschechischen Widerstand verliefen daher nun we-
niger öffentlich und richteten sich gezielter gegen Einzelpersonen.55
Eine davon war der 1902 geborene Arzt František Janouch, der während der Okku-
pation in die Kommunistische Partei eintrat und sich im Rahmen einer Gruppe von
Ärzten der Widerstandsbewegung anschloss. Am 21. Jänner 1943 wurde er verhaftet,
drei Wochen in Pankrác inhaftiert und im Petschek-Palais verhört. Dort sah er auch
den einige Jahre jüngeren Zdeněk Štich wieder, der mit Janouch in derselben illega-
len Gruppe gewesen und bereits im April 1942 verhaftet worden war. Beide wurden
Anfang 1943 nach Auschwitz deportiert, wo Janouch unter anderem am Hygiene-In-
stitut der Waffen-SS in Rajsko arbeiten musste. Während Štich im August 1943 nach
Buchen
wald und von dort drei Monate später nach Mauthausen kam, wurde František
54 Jaroslav Knittl : Kardinál Trochta muÄŤednĂk. TerezĂn, Mauthausen, Dachau [Der Märtyrer Kardinal
Trochta. Theresienstadt, Mauthausen, Dachau], Nové Město nad Metujà 1991, S. 21.
55 Hierzu Brandes, Die Tschechen, Teil II, besonders S. 17–27.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen