Page - 150 - in Deportiert nach Mauthausen, Volume 2
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150 | Mercedes Vilanova
Ich habe die Gelegenheit wahrgenommen, mich am Mauthausen Survivors Documen-
tation Project zu beteiligen, weil die Erfahrungen der Überlebenden der Konzentrations-
und Vernichtungslager direkt an jene anknüpften, die ich bereits in meinen Studien über
die 1930er Jahre in Katalonien analysiert hatte, und weil diese Personen zu einer Gesell-
schaft gehörten, die mir vertraut war – dies freilich mit großen Unterschieden.
Entscheidende soziale und politische Situationen
Die interviewten Überlebenden stammen aus vielen Regionen Spaniens und aus unter-
schiedlichen sozialen Milieus ; dennoch weisen ihre Erzählungen einige gemeinsame
Merkmale auf. Während das, was sie erzählen, sich hinsichtlich ihrer Erfahrungen im
Bürgerkrieg und während der Odyssee, die sie in Frankreich bis zur Deportation erlebt
haben, ähnelt, unterscheiden ihre Berichte sich doch stark hinsichtlich ihrer Kind-
heit und Jugend, aber auch hinsichtlich der Zeit, die sie im Lager verbracht haben.
Mit wenigen Ausnahmen waren die ehemaligen Mauthausen-Häftlinge alle jünger als
jene, die ich bereits interviewt hatte. Außerdem gehörten sie nicht dem an, was ich an
anderer Stelle als die «unsichtbaren Mehrheiten» bezeichnet habe.4 Im Gegensatz zur
Gesamtbevölkerung Spaniens, wo in den 1930er Jahren noch mehr als die Hälfte der
Arbeiterschaft als Analphabeten galten, waren die Spanier, die Mauthausen überlebten,
bereits zu einem Großteil alphabetisiert. Und sie hatten sich fast alle, auf unterschied-
liche Weise, politisch gegen den Franquismus engagiert.
In den gesammelten Erzählungen über den Weg, der sie nach Mauthausen geführt
hat, finden sich drei Momente, die sozial und politisch betrachtet entscheidend waren :
Zunächst ist dies die Frage, zu welchem Zeitpunkt sie sich, freiwillig oder nicht, zur Re-
publikanischen Armee gemeldet haben. Eine zweite entscheidende Situation ergab sich,
als sie beschlossen, als Flüchtlinge ins Exil nach Frankreich zu gehen, denn ab da «be-
nen in den nationalsozialistischen Lagern], Barcelona 1977. Eine aktualisierte Version des Themas ver-
öffentlichte Rosa Torán : Vida i mort dels republicans als Camps nazis [Leben und Tod der Republikaner
in den nationalsozialistischen Lagern], Barcelona 2002 ; Torán hat auch Bücher über zwei für das MSDP-
Projekt interviewte Spanier veröffentlicht : Juan de Diego. Tercer secretari de Mauthausen [Juan de Diego.
Dritter Sekretär von Mauthausen], Barcelona 2007, und, in Zusammenarbeit mit Ramon Arnabat Mata :
Eusebi Pérez Martín. Recordar per viure, viure per recordar [Eusebio Pérez Martín. Erinnern um zu le-
ben, leben um zu erinnern], Vilafranca del Penedès 2008. Einige der für das MSDP-Projekt interviewten
Personen haben ihre Memoiren geschrieben und publiziert ; so Josep Simon in dem von Ramon Salvadó
i Valentines veröffentlichen Buch : Un clam de llibertat. Vivències de Josep Simon i Mill, exdeportat de
Mauthausen (4.929) [Ein Schrei der Freiheit. Erfahrungen von Josep Simon i Mill, Ex-Deportierter von
Mauthausen (4.929)], Saldes 2003 ; Francisco Batiste Baila : Mariner del «Maria Rosa» [Seemann auf der
«Maria Rosa»], Vinaròs 2007 ; Marcial Mayans : Testimoniatges i memòries (1936–1945). Una nit tan
llarga [Zeugnisse und Erinnerungen (1936–1945). Eine Nacht so lange], Valls 2009.
4 Mercedes Vilanova : Las mayorías invisibles. Explotación fabril, revolución y represión [Die unsichtbaren
Mehrheiten. Industrielle Ausbeutung, Revolution und Unterdrückung], Barcelona 1996.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen