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158 | Mercedes Vilanova
In deutscher Gefangenschaft
Die Erntearbeit endete jedoch plötzlich, wie Barberà Pla weiter erzählt :
«Und eines Tages sagen sie uns : ‹Burschen, sie haben uns erwischt, die Deutschen haben
die Front durchbrochen, sie sind über Brüssel einmarschiert.› Wir sind Gefangene, und die
ganze Kompanie geht nach Saint-Dié, in den Vogesen, das wurde zur offenen Stadt erklärt, es
gab keine Bombardements. Eines Tages, um zwei, kommen dann schon vier Motorradfahrer,
wir waren da 331 Spanier, alle zusammen. Die Deutschen nehmen uns mit : Raus, raus. Was
werden sie mit uns machen ? Einige sind entkommen. Ich dachte : Wir haben doch gar nicht
gegen sie Krieg geführt ! Sie bringen uns nach Straßburg, wir gingen dorthin gemeinsam mit
den Franzosen, aber bei der Ankunft brachten sie uns draußen unter, an einem Ort, wo sie
uns nichts gaben ; Schnecken und Gräser sind dort keine übrig geblieben.»22
Die meisten Arbeitskompanien befanden sich in vorderster Frontlinie und teilten das
Schicksal der französischen Armee bis zum Waffenstillstand vom 22. Juni 1940. Die
Regierung von Vichy verlor nach dem Waffenstillstand das Interesse an den Gefange-
nen, die keine Franzosen waren. Etwa fünfzigtausend Republikaner fielen in die Hände
der Deutschen ; davon wurden etwa zehntausend in nationalsozialistische Lager de-
portiert. Angesichts der sehr schwierigen Umstände, die ihnen nur die Wahl ließen,
nach Spanien zurückzugehen oder sich in Vichy-Frankreich zu verstecken, das gute
Beziehungen zu Franco unterhielt, mussten die spanischen Republikaner sich der Ge-
fangennahme durch die Wehrmacht stellen. Am Anfang wurden sie, gemeinsam mit
den Franzosen, in verschiedenen Stalags inhaftiert, vor allem im Stalag V-D in Straß-
burg, wo die Gestapo über ihr weiteres Schicksal entschied.
Von der Wehrmacht wurden die spanischen Republikaner – als Staatenlose – nicht
als Kriegsgefangene betrachtet, obwohl sie formell der französischen Armee angehör-
ten.23 Von den Überlebenden wird vor allem die Haltung der französischen Autoritä-
ten dafür verantwortlich gemacht, dass sie schließlich direkt in die Hände der Gestapo
gelangten. «Wir waren nichts, sie wollten uns nicht, aber wir waren da», so fasst Mar-
cial Mayans Costa, ein 19-jähriger gelernter Schriftsetzer aus Barcelona, die Situation
zusammen :
«Die französische Regierung, das war die Regierung von Pétain, die mit dem Nazi-Regime
kollaborierte, sie war hundertprozentig antirepublikanisch, sie wollte unseren Einsatz im
Krieg gegen die Deutschen nicht anerkennen, das heißt, wir hatten nicht die Rechte, die jeder
22 Ebd.
23 Zu den Gründen und Interpretationen vgl. David W. Pike : Spaniards in the Holocaust. Mauthausen, the
Horror on the Danube, London/New York 2000 (Routledge/Cañada Blanch Studies on Contemporary
Spain, 2), S. 11 u. 316, Fn. 2.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen