Page - 173 - in Deportiert nach Mauthausen, Volume 2
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173Erlebnisse
spanischer Republikaner auf dem Weg nach Mauthausen |
verweigerte es ihr : Geh weg von hier – sagte er zu ihr –, wenn er geflohen ist, wird es schon
einen Grund dafür geben. Er hat ihr auch die Lebensmittelkarte verweigert.»62
Antoni Barberà Pla wurde sogar als Mörder denunziert, weil jemand offenbar wegen
seiner Braut eifersüchtig war :
«In Straßburg kommt der Tag, da sie uns im Hof antreten lassen und uns sagen, dass alle, die
zurückkehren möchten, einen Schritt vortreten sollten. Alle wollten zurückkehren, denn wir
hatten schon von den deutschen Konzentrationslagern gehört. Für mich war das eine große
Freude, denn meine Frau schrieb mir eines Tages : Sie wollen dir die Bürgschaften ausstellen,
die Papiere. Ich hatte mich gemeldet, um zurückzukehren, ich hatte schon die Nummer, ich
sollte am Montag nach Spanien aufbrechen, ich freute mich. Da kommt der Brief für mich an,
und an diesem Tag waren es nur mehr fünf oder zehn Minuten, bevor die Büros zumachten,
und ich bekam den Brief von meiner Frau, die mir schrieb : Es geht uns gut, aber der Bruder
von der Maria und der Modesta, das waren zwei Schwestern von mir
– es heißt, dass du nicht
kommen kannst, weil sie dich beschuldigen, den und den Typen umgebracht zu haben. Ich
sage mir : Ich will nicht für etwas bezahlen, was ich nicht getan habe. Und jetzt, wie erkläre
ich das ? Es gab einen Leutnant, der in meiner Arbeitskompanie gewesen war, er hieß Sánchez,
er war im Büro beschäftigt. Ich sage zu ihm : ‹Hör mal, Sánchez, habe ich noch Zeit, um einen
Brief zu holen ?› Er antwortet mir : ‹Knapp, aber von mir aus.›»
«Ich dachte, dass es die Bürgschaften wären. Und in dem Brief stand das, was ich dir gesagt
habe. Ich hatte noch Zeit, dem französischen Büro Bescheid zu geben und mich aus der Liste
streichen zu lassen, und sie trugen einen anderen ein, der nach Spanien gehen wollte. Viel
Glück, sagte ich zu ihm. Ich hatte keine Zeit zu antworten. Ich war schon in Straßburg, in der
Gewalt der Deutschen, sonst wäre ich zurückgekehrt. Ich hätte ruhig gehen können, denn
man hatte schon entdeckt, wer denjenigen umgebracht hatte. Den Namen hat sie mir nicht
gesagt, und sie kannten ihn. Seither habe ich ständig überlegt, wer es gewesen sein könnte :
Als ich zurückgekehrt bin, war er schon gestorben. Das war einer, den ich mit meiner Braut
habe tanzen lassen, er war ein guter Tänzer und konnte Walzer tanzen. Ich habe zwei und
zwei zusammengezählt und mir ausgerechnet, wer mich denunziert hatte. Es gab eine Ge-
richtsverhandlung, und der, der mit dem unterwegs war, den sie umgebracht haben, sie ka-
men aus der Fabrik, ihm taten sie nichts, sie hatten es nur auf den anderen abgesehen, und er
hat die Wahrheit gesagt : dass ich ihn nicht umgebracht habe.»63
Die Gruppe von Überlebenden, die zwischen 1915 und 1917 geboren wurden, unter-
scheidet sich stark von der unmittelbar vorhergehenden. Sie kommen nach Mauthau-
sen in der Hochblüte ihrer körperlichen und geistigen Kraft, mit knapp über zwanzig
62 AMM, MSDP, OH/ZP1/176, Interview Simon Mill.
63 AMM, MSDP, OH/ZP1/177, Interview Barberà Pla.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen