Page - 175 - in Deportiert nach Mauthausen, Volume 2
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175Erlebnisse
spanischer Republikaner auf dem Weg nach Mauthausen |
Matura machen sollte. Im Dorf machte man keine Matura. Und er sagte : Dieser Junge wird
die Matura machen. Er ist dann gleich gestorben, am dritten Tag, nachdem der Bürgerkrieg
begonnen hatte. Für mich war das ein richtiger Schock, ich glaube, dass ich immer noch nicht
ganz darüber hinweg bin …»66
Auch Jaume Álvarez Navarro wurde stark durch den Tod seines älteren Bruders im
Kampf beeinflusst :
«Im Oktober 1934 war mein Vater im Streik, er war auf der Hauptstraße von Gracia und
spielte Domino, da kam die Polizei und nahm ihn mit. Mein Bruder hat es gesehen, wie sie
ihn in einen offenen Kastenwagen steckten … Er ist sieben oder acht Jahre älter als ich, ich
glaube, er ist 1914 geboren. Als sie meinen Vater mitgenommen haben, hat er Hass verspürt,
er war der Revolutionärste in der Familie, er sah überall die Ungerechtigkeit. Im Krieg habe
ich mich der Anarchistischen Jugend (Juventudes Libertarias) angeschlossen, weil mein Bru-
der dabei war und die Leute aus meinem Viertel auch
… Als sie mir sagten, dass mein Bruder
verschwunden war, wollte ich herausfinden, was los war, und bin zur CNT gegangen. Sie be-
zahlten mich wie einen Küchenjungen, und ich wollte wie ein ungelernter Arbeiter verdienen,
ich bin zwar erst sechzehn Jahre alt, sagte ich zu ihnen, aber ich arbeite wie ein ganzer Kerl,
denn die CNT leitete das Baukollektiv. Und sie sagten zu mir, dass das sehr revolutionär wäre,
ich hatte die Pistole meines Bruders dabei. Sie haben mich beleidigt, und ich habe zu ihnen
gesagt : Ich schieße nur nicht, weil ich keine Lust habe. Da kommt einer herein und sagt : Das
ist der Bruder vom Álvarez. Da haben sich alle Türen geöffnet … Eines Tages, als ich nach
Hause kam, hatte ich die Pistole meines Bruders dabei, und dem Mann meiner Cousine gefiel
sie sehr, und er nahm sie mir weg. Ich war auf alle böse und ging zur CNT, um zu sehen, was
sie mir sagen würden. Ich habe die Absicht, mich zu melden, welches Corps gebt ihr mir, ich
dachte an das Flugwesen, ich weiß, das heißt sechs Monate in Russland, aber du kommst als
Pilot zurück. Sie sagten zu mir : Wir möchten, dass du in die staatlichen Streitkräfte gehst,
Sturmgarde (Guardia de Asalto) oder Zoll- und Grenzwache. Mir ist Zoll- und Grenzwache
lieber.»67
Diejenigen, die 1919, aber vor allem ab 1920 geboren waren, gingen sehr jung in den
Krieg, einige gehörten sogar zum sogenannten «Säuglingsjahrgang», und während des
Rückzugs der Republikanischen Armee mussten sie die Verantwortung für ihre Fami-
lien auf sich nehmen, mit ihnen ins Exil gehen und sozusagen das Kommando über-
nehmen, wie es Luis Ballano Bueno geschah :
gegründet. Zu Beginn des Bürgerkrieges hatte die JSU ca. 250.000 Mitglieder. Zu Joaquíns Bruder Grego-
rio López Raimundo siehe URL : http://es.wikipedia.org/wiki/Gregorio_López_Raimundo (28. 9. 2020).
66 AMM, MSDP, OH/ZP1/193, Interview mit Joaquín López Raimundo, Interviewerin : Mercedes Vilanova,
Fontenay-sous-Bois, 26. 9. 2002.
67 AMM, MSDP, OH/ZP1/171, Interview Álvarez Navarro.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen