Page - 177 - in Deportiert nach Mauthausen, Volume 2
Image of the Page - 177 -
Text of the Page - 177 -
177Erlebnisse
spanischer Republikaner auf dem Weg nach Mauthausen |
Die Privilegiertesten unter den jungen Leuten hatten Väter, die hochrangige Posten
in der Republikanischen Armee bekleideten, als (General-)Stabskapitäne, und lebten
während des Bürgerkrieges und sogar während ihrer Zugehörigkeit zu den Arbeits-
kompanien in Frankreich unter deren Schutz. Antonio Serrano Nogueira ist einer von
ihnen, dessen Vater bedeutende Posten in der Kommunistischen Partei und in der Ar-
mee bekleidete :
«Mein Vater hat sich freiwillig gemeldet, er brachte es bis zum (General-)Stabskapitän (capi-
tán de Estado Mayor). Beim letzten Angriff, im Jahr 1939, überquerten wir die Grenze, von
dort kamen wir nach Argelès-sur-Mer, da waren wir eine Zeitlang. Von dort schickten sie uns
nach Vernet, im Département Ariège, in der Nähe von Toulouse, ich wusste, dass mein Vater
in Septfonds war, und wir, wir waren ganz in der Nähe.»72
Serrano Nogueira gelang es nach Septfonds und in den Arbeitskompanie-Trupp zu
kommen, den sein Vater befehligte. Wie oben schon im Zitat zu dieser Episode er-
wähnt, konnte er den gesamten Krieg hindurch bei seinem Vater bleiben und fühlte
sich dadurch auch privilegiert.
Der erste Transport mit ca. 400 republikanischen Spaniern hatte Mauthausen bereits
am 6. August 1940 erreicht. Von den insgesamt etwa 7200 «Rotspaniern», wie sie von
der SS im Lager kategorisiert wurden, wurde der überwiegende Teil bis Ende 1941 in
kleineren und größeren Gruppen aus den Kriegsgefangenenlagern nach Mauthausen
überstellt. Kleinere Gruppen von Spaniern kamen auch später nach Mauthausen, etwa
zusammen mit der Deportation politischer Häftlinge aus Frankreich. Nur ca. 2200 er-
lebten die Befreiung ; alle anderen wurden vor allem in den Jahren 1941/42 ermordet
bzw. starben an den Folgen von Zwangsarbeit und Unterernährung.73
Trotzdem kann man sagen : Die Altersunterschiede, das in unterschiedlichem Aus-
maß vorhandene politische Engagement und der Alphabetisierungsgrad der inter-
72 AMM, MSDP, OH/ZP1/172, Interview Serrano Nogueira.
73 Laut Andreas Kranebitter : Zahlen als Zeugen. Soziologische Analysen zur Häftlingsgesellschaft des KZ
Mauthausen, Wien 2014 (Mauthausen-Studien, 9), S. 186, wurden 7249 Spanier in Mauthausen regis-
triert ; zu abweichenden Zahlenangaben vgl. die Tabelle in Pike, Spaniards in the Holocaust, S. 12. Siehe
auch Benito Bermejo : Francisco Boix, der Fotograf von Mauthausen, Wien 2007 (Mauthausen-Studien,
Sonderbd.), S. 70–82. Die Namen aller (damals bekannten) spanischen Deportierten wurden veröffent-
licht von Benito Bermejo/Sandra Checa (Hg.): Libro Memorial. Españoles deportados a los campos Nazis
(1940-1945), Madrid 2006. Die Daten sind online abrufbar unter: http://pares.mcu.es/Deportados/serv
lets/ServletController. Eine weitere Liste von 4741 Spaniern, die aus deutschen Kriegsgefangenenlagern
in Konzentrationslager überstellt wurden, findet sich im französischen «Livre mémorial» der Fondation
pour la Mémoire de la Déportation (online abrufbar unter http://www.bddm.org/liv/index_liv.php). Im
August 2019 veröffentlichte das spanische Justizministerium eine Liste von 4427 spanischen Opfern des
KZ Mauthausen im offiziellen Staatsanzeiger Boletín Oficial del Estado Nr. 190, Supplement N, vom
9. 8. 2019, einsehbar im Internet Archive, URL : https://web.archive.org/web/20190815222539/https://
www.boe.es/boe_n/dias/2019/08/09/not.php?id=BOE-N-2019-544589 (25.11.2020).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
back to the
book Deportiert nach Mauthausen, Volume 2"
Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen