Page - 191 - in Deportiert nach Mauthausen, Volume 2
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191Die
französischen Deportierten von Mauthausen : ungleiche Wege zum gleichen Ziel |
darin, falsche Dokumente zu fabrizieren, was er zuerst fĂĽr sich selbst erprobte, und er
war an der Widerstandsorganisation NAP (Noyautage des administrations publiques)
beteiligt.26 Er konnte dabei vor allem die Möglichkeiten nutzen, die ihm seine Stellung
bei einem fĂĽr die Franzosen wie fĂĽr die Besatzungsmacht sehr wichtigen Unternehmen
bot – in der Energieerzeugung –, sowie die damit verbundenen verkehrstechnischen
Möglichkeiten, um Nachschub für die Maquis-Gruppen zu transportieren. Sein Zeugnis,
in dem er lang und ausfĂĽhrlich ĂĽber diese Zeit und ĂĽber die Organisation dieses Zweigs
berichtet, ist wertvoll, denn es liegen ziemlich wenig Informationen über die ökonomi-
sche und alimentäre Versorgung der Maquis-Gruppen vor. Nachdem er sich nach der
Zerschlagung von deren FĂĽhrung im November 194327 dem Provisorischen Komitee der
Résistance-Bewegungen im Departement Isère anschließen musste, wurde er offenbar
denunziert und gleich zu Beginn des Jahres 1944 verhaftet, inhaftiert, nach Compiègne
und dann im März 1944 mit einer Gruppe aus Grenoble nach Mauthausen transferiert.
Der viel jĂĽngere Jean Mansching28 (geboren 1926) war zu Beginn des Krieges
Gymnasiast im Lycée La Martinière in Lyon. Als Scout – er war Mitglied der franzö-
sischen Pfadfinder – begann er mit einigen Kameraden kleinere Widerstandsaktionen
zu unternehmen (Anfertigung bescheidener Flugblätter unter Gymnasiasten, Graffiti
des Lothringer Kreuzes auf den Wänden). Von Mitgliedern des Netzwerkes Combat
kontaktiert, begann die Gruppe die ersten illegalen Zeitungen zu verteilen und wurde
mit einigen Missionen beauftragt. Dann, ab Mitte des Jahres 1943, wurde Mansching
Verbindungsmann der Geheimarmee (Armée secrète) für die Maquis-Gruppen im De-
partement DrĂ´me.
«Meine Arbeit bestand darin, diese Maquis-Gruppen mit Ausweispapieren und Lebensmittel-
karten zu versorgen und auch die Zwangsarbeitsdienst-Verweigerer zu eskortieren […]. Das
wurde in mehreren Etappen und Treffen gemacht, damit die Linie möglichst nicht nachver-
folgt werden konnte. Von meinen Reisen in die DrĂ´me brachte ich manchmal ein Exemplar
der mit dem Fallschirm abgeworfenen Handfeuerwaffen nach Lyon mit, damit sie bei der
Ausbildung der Lyonnaiser Gruppen eingesetzt werden könnten.»29
Ihm zufolge nahmen sie, ohne Heldentaten zu vollbringen, Risiken auf sich, mit einem
gewissen Leichtsinn, auch aus einem Mangel an Erfahrung, die sie manchmal zu Un-
vorsichtigkeiten verleiteten. Dennoch tendiert er eher zu der Annahme, dass er auf-
grund einer Denunziation am 2. Dezember 1943 verhaftet und fĂĽr ein handfestes Ver-
hör zur Gestapo in die École de santé von Lyon überstellt wurde.
26 Die Widerstandsorganisation NAP infiltrierte ab 1942 die öffentliche Verwaltung. Vgl. Marcot et al.
(Hg.), Dictionnaire S. 197 ff.
27 Zur «Grenobler Bartholomäusnacht» siehe weiter unten.
28 Mitglied der Amicale de Mauthausen und Vorsitzender der Lyonnaiser Sektion.
29 Jean Mansching : Mauthausen–Melk–Ebensee (1997), URL : https://memoirenet.pagesperso-orange.fr/
article63fb.html?id_article=207 (28. 9. 2020).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen