Page - 212 - in Deportiert nach Mauthausen, Volume 2
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212 | Katja Happe
Verschiedenes geht aus diesem Dokument, in dessen Einleitung die Vorgeschichte der
jĂŒdischen HĂ€ftlinge in Mauthausen thematisiert wird, hervor. Zum einen belegt es, wie
auch ein Artikel der «New York Times» vom 18. November 1941 zeigt,25 das internatio-
nale Wissen um die Deportation niederlÀndischer Juden nach Mauthausen und ihre
hohe Todesquote. Zum anderen markiert der Vorschlag des AuswÀrtigen Amts, keine
HĂ€ftlinge aus den besetzten Gebieten mehr in deutsche Lager zu bringen, sondern sie
lieber in den besetzten LÀndern selbst zu inhaftieren, das vorlÀufige Ende der Deporta-
tionen von Juden aus den Niederlanden nach Mauthausen zu Abschreckungszwecken.
Auch in den Niederlanden selbst gab es Reaktionen auf die Todesnachrichten aus
Mauthausen. Die illegale Zeitung «Het Parool» veröffentlichte im September 1941
einen kurzen Artikel ĂŒber das Los der Deportierten.26 Viel detaillierter lĂ€sst uns jedoch
Lodewijk Ernst Visser in seinem Bericht vom Dezember 1941 an seinen Versuchen
teilhaben, das Schicksal der Deportierten zu verbessern.27 Nachdem bereits Ende Mai,
also noch vor der Deportation der zweiten Gruppe von Juden aus den Niederlanden,
ĂŒber 50Â Todesnachrichten eingegangen waren und die Deportierten nun von Buchen-
wald nach Mauthausen verlegt worden waren, kommentierte er die Situation so : «Da
eigentlich niemand etwas unternahm, um dem Elend ein Ende zu setzen, hatte ich ge-
meint, dass ich vielleicht in einem persönlichen GesprÀch mit Generalkommissar Rau-
ter etwas erreichen könnte.» Um dieses GesprÀch vorzubereiten, wandte sich Visser an
verschiedene niederlĂ€ndische GeneralsekretĂ€re, um deren UnterstĂŒtzung zu erhalten.
Erst nachdem im Juni die zweite Gruppe von Juden verhaftet und nach Mauthausen
deportiert worden war, erhielt Visser die UnterstĂŒtzung des Kollegiums der General-
sekretĂ€re, die zwar glaubten, selbst nichts zur UnterstĂŒtzung der Deportierten unter-
nehmen zu können, aber dem ehemaligen PrÀsidenten des Obersten Gerichtshofs zu-
trauten, sich ohne gröĂere persönliche Gefahr an Rauter wenden zu können. Vissers
Kommentar dazu : «Ich bezweifelte das, erklÀrte mich jedoch bereit, es zu versuchen ;
es musste doch etwas getan werden !» Doch Visser konnte nicht zu Rauter vordringen.
Von einem Adjutanten wurde er aufgefordert, sein Anliegen schriftlich vorzutragen.
Dies machte Visser, ohne jedoch eine Reaktion von Rauter zu erhalten. Dennoch gab
Visser seine BemĂŒhungen nicht auf. Nachdem im September und Oktober 1941 erneut
Juden verhaftet und nach Mauthausen deportiert worden waren, wandte er sich mit
einem Brief erneut an das Kollegium der GeneralsekretÀre.
Nach einem GesprÀch mit dem Vorsitzenden des Gremiums, dem GeneralsekretÀr
des Innenministeriums Karel Frederiks, in dem Visser noch einmal auf die hohe Zahl
der Toten hinwies, beschloss das Kollegium, sich mit einem Brief an Reichskommissar
SeyĂ-Inquart zu wenden, um seine «Beunruhigung ĂŒber die Anzahl der SterbefĂ€lle
25 400 of 680 sent to camp dead, in : The New York Times (18. 11. 1941), S. 11.
26 Het doodenkamp te Mauthausen [Das Totenlager in Mauthausen], in : Het Parool, Nr. 22 (11. 9. 1941),
S. 4.
27 Siehe Anm. 1. Auch alle folgenden Zitate aus Vissers Bericht stammen aus dieser Quelle.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen