Page - 213 - in Deportiert nach Mauthausen, Volume 2
Image of the Page - 213 -
Text of the Page - 213 -
213«…
geben Sie besser alle Hoffnung auf.» |
zum Ausdruck zu bringen und auf eine Verbesserung bei der Behandlung der Gefan-
genen zu drängen.» Über Umwege kam es in der Folge zu einem Gespräch zwischen
Generalsekretär Frederiks und Generalkommissar Rauter über diese Angelegenheit.
Weil Frederiks auch Visser von diesem Gespräch berichtete, fand es seinen Nieder-
schlag in dessen Bericht. Demzufolge habe Rauter zugegeben, «dass es wohl schon
etwas streng war, die jĂĽdischen Gefangenen, unter denen sich zweifellos einige mit
zartem Körperbau befänden, gerade in das härteste Lager zu schicken». Rauter ver-
sprach, sich in Berlin fĂĽr eine Verbesserung der Situation einzusetzen und in Zukunft
keine Verhaftungen in größerem Maßstab mehr vorzunehmen, falls keine weiteren
Anschläge passieren würden. Einige Wochen später, vermutlich Ende November 1941,
erhielt Frederiks aus Berlin die Zusage, «dass man zukünftig die Juden nicht mehr nach
Mauthausen schicken würde». Im Gespräch mit Visser, das dieser in seinem Bericht
aufzeichnete, fügte Frederiks jedoch hinzu, «für die, die bereits dort sind, geben Sie
besser alle Hoffnung auf, die wissen zu viel». Kurz darauf endet der Bericht Vissers.
Trotz seiner vielfältigen Bemühungen konnte er den nach Mauthausen deportierten
Juden nicht helfen. Kurz nach dem Verfassen des Berichts starb Visser im Februar 1942
in Den Haag an einem Herzinfarkt.
Was neben den verzweifelten Versuchen Vissers, sich fĂĽr die Verhafteten einzuset-
zen, an diesem Bericht auffälltÂ
– besonders nach der Kenntnis des Dokuments aus dem
Auswärtigen AmtÂ
–, ist die plötzliche Zustimmung Rauters und auch der Berliner Zen-
trale, die Deportation von Juden nach Mauthausen zu beenden. Nach Vissers Bericht
kann man diese Tatsache als Entgegenkommen der Deutschen lesen, als Reaktion auf
das Engagement Vissers und der Generalsekretäre. Beide Dokumente zusammen ge-
nommen machen jedoch deutlich, dass die Entscheidung des Reichssicherheitshaupt-
amts schon angedacht worden war, bevor eine Anfrage aus den Niederlanden stattge-
funden hatte. Und die Gründe, keine Verhafteten aus den besetzten Ländern mehr in
das Deutsche Reich und damit in den potenziellen Einflussbereich der Schutzmacht
Schweden zu transportieren, hatten vermutlich nur sehr wenig mit einer Intervention
aus den Niederlanden oder der Sorge vor einer Reaktion der niederländischen Bevöl-
kerung zu tun. Vielmehr standen ganz klar deutsche Interessen im Vordergrund. Nur
um die deutschen Internierten im Ausland zu schĂĽtzen und eine bessere Verhand-
lungsbasis für mögliche Austauschaktionen zu haben, sollten die Deportationen aus
den Niederlanden nach Mauthausen aufhören. Auch wenn die Besatzungsbehörden
gegenüber den Niederländern ein Entgegenkommen signalisierten und so General-
sekretär Frederiks einen vermeintlichen Erfolg bescherten, war die Zustimmung zum
Stopp der Deportationen rein auf deutsche Ăśberlegungen und die Nutzung deutscher
Vorteile gegrĂĽndet.
FĂĽr die bis zu diesem Zeitpunkt nach Mauthausen deportierten Juden aus den Nie-
derlanden kam sowieso jede Hilfe zu spät. Von den mehr als 800 Deportierten des
Jahres 1941 ĂĽberlebte nur der in Buchenwald zurĂĽckgebliebene Max Nebig. Alle ande-
ren Verhafteten kamen entweder in Buchenwald oder dann vor allem in Mauthausen
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
back to the
book Deportiert nach Mauthausen, Volume 2"
Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen