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232 | Merethe Aagaard Jensen
verletzt, und ich lag im eigenen Blut […] ich war dann vierzehn Tage im Arkivet [Staatsarchiv]
von Kristiansand, bis ich wieder gehen konnte.»33
Aus heutiger Perspektive scheint es verwunderlich, wie ĂĽberrascht die verhafteten
Personen über die Brutalität der Gestapo waren. Diese Überraschung wird öfters in
den Berichten der Betroffenen angesprochen und hängt vermutlich nicht nur mit der
Vorstellung von den kultivierten Deutschen zusammen, sondern auch damit, dass die
Norweger von Seiten ihrer Staatsmacht nicht an eine solche Vorgangsweise gewohnt
waren.34 Im Gestapo-Hauptquartier in Bergen, Veiten 3, wurden einige der späteren
Mauthausen-Häftlinge, die dort verhört wurden, nach Aussagen einiger Überlebender
täglich über einen Monat lang gefoltert.35
Etwa ein Drittel der norwegischen Mauthausen-Häftlinge saß während ihrer Gefan-
genschaft im Gefängnis in der Møllergata 19 in Oslo. Für Verhöre wurden die Insas-
sen in das norwegische Hauptquartier von SiPo und SD im Gebäudekomplex Victoria
Terrasse gebracht, doch fanden auch in der Møllergata Verhöre statt. An beiden Orten
wurde gefoltert. Darüber hinaus hielten sich die norwegischen Mauthausen-Häftlinge
in verschiedenen anderen auf Norwegen verteilten Gefängnissen und Lagern auf. Erst
dann wurden sie meisten ins größte Lager des Landes, das Polizeihaftlager Grini bei
Oslo, ĂĽberstellt, bevor sie in das Deutsche Reich deportiert wurden. Laut den Berich-
ten der Gefangenen waren die Bedingungen in Grini trotz Nahrungs- und Platzmangel
erträglich.36
Das einzige unter norwegischer Verwaltung stehende Lager in Norwegen war das
Internierungslager Berg. Die ersten Häftlinge dieses Lagers waren rund 350 Juden, die
während der «Judenaktion» im Herbst 1942 verhaftet wurden. Die Haftbedingungen
in Berg waren sehr schlecht : Nachdem man den Gefangenen ihr Eigentum abgenom-
men hatte, wurden sie in Baracken ohne jegliche Einrichtung gepfercht, wo sie auf
dem nackten Boden schliefen. Zudem wurden sie ohne ausreichende Verpflegung und
unter der Aufsicht brutaler norwegischer Wachen zur Verrichtung harter Arbeit ge-
zwungen.37 Der bereits erwähnte jüdische Mauthausen-Häftling Moritz Nachtstern
beschreibt die miserablen Bedingungen in Berg mit folgenden Worten :
33 SHB, Transkription eines Interviews mit Osmund Faremo, S. 4–7.
34 NHM, Interview mit Alf Moe, Jacob Landsvik, KĂĄre Hanssen, Kaare Samuelsen, Kjell Ulven.
35 NHM, Interview mit Jacob Landsvik ; Magnusson, Jeg vil leve, S. 54–89.
36 Kristian Ottosen : Arbeits- und Konzentrationslager in Norwegen 1940–1945, in : Bohn et al. (Hg.), Neu-
tralität und totalitäre Aggression, S. 355–368, hier 357 ; Faremo, Takk for livet, S. 15–21 ; Bauck, Du skal
leve, S. 62–79 ; Oddvar Schjølberg/Johannes Brattli : Fars fotspor i Hitlers leirer [Vaters Fußspuren in
Hitlers Lagern], Risør 2008, S. 16–26.
37 Carl Haave/Sverre J. Herstad : Quislings hønsegård. Berg interneringsleir [Quislings Hühnerstall. Das
Internierungslager Berg], Oslo 1948, S. 12, 15–27 ; Nachtstern/Arntzen, Counterfeiter, S. 37–42 ; Zeitzeu-
gengespräch der Autorin mit Samuel Steinmann, Oslo, 4. 9. 2011 ; Bruland, Holocaust i Norge, S. 265–276.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen