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266 | Božo Repe
wo er bis zur Befreiung blieb.61 Ebenso aus den Gefängnissen von Begunje kam Jože
Hlebanja, der als Partisanenkurier in der Nähe von Jesenice in einen Hinterhalt geraten
war, als er Medikamente für eine erkrankte Partisanin holen wollte.62 France Filipič war
dagegen im Juli 1944 in Baden bei Wien verhaftet worden, wo er als Chorsänger am
dortigen Stadttheater gearbeitet hatte. Filipič wurde zunächst in das KZ Dachau ein-
gewiesen und von dort nach Mauthausen überstellt. Nach der Quarantäne kam er in
das Außenlager St. Valentin und im Zuge der Evakuierung des Lagers Ende April 1945
nach Ebensee.63 Aus Natzweiler wurde im August 1944 Dušan Stefančič überstellt. Er
war Mitarbeiter der Befreiungsfront, war im Jänner 1944 bei einer Razzia des Gym-
nasiums in Ljubljana verhaftet und nach drei Wochen Haft in Ljubljana nach Dachau
deportiert worden :
«Dort landete ich im Block 17, und das nach den dort üblichen Prozeduren, nämlich Haare
schneiden, Desinfektion, Röntgenuntersuchung, Untersuchung der Zähne : das alles nicht
aus medizinischen Gründen, sondern um die goldenen Zähne zu zählen und um festzustel-
len, ob jemand ein Goldstück oder einen anderen Wertgegenstand geschluckt hatte ; durch
die Röntgenuntersuchung konnte man sie nämlich im Gedärm aufspüren. Nach drei Wo-
chen eines sehr schweren Lebens in Dachau – wir aus dem Block 17 mussten die ganze Zeit
draußen vor dem Block verbringen. Es war Februar, der Winter damals war sehr kalt und wir
waren nur sehr dürftig angezogen. Ich glaube ich habe nie mehr im Leben so gefroren wie
damals. Nach drei Wochen wurde eine Selektion gemacht ; 500 von uns wurden in die Zebra-
Streifen-Kleidung gesteckt und schon befanden wir uns auf dem Transport ins Ungewisse.»64
Dušan Stefančič wurde am 21. März 1944 von Dachau in das Natzweiler Außenlager
Markirch (Sainte-Marie-aux-Mines) überstellt, wo die Häftlinge das Lager aufbauen
und einen Eisenbahntunnel für die Aufnahme eines BMW-Werks adaptieren mussten.65
«Nach zwei Tagen und zwei Nächten landeten wir eines Morgens auf einem unbekannten
Bahnhof ; auf dem Ortschild stand der Name Markirch. Dort wurden die Häftlinge immer
wieder abgezählt, da ihre Zahl nicht mit der auf dem Papier angegebenen übereinstimmte.
Während der ganzen Prozedur stand ich in der Nähe jener Ortstafel, so konnte ich allmählich
feststellen, dass die gelbfarbige Tafel mit schwarzen Buchstaben übermalt wurde. Mit größter
Mühe konnte ich feststellen, dass die Tafel kopfüber stand, und dass unter dem Namen Mar-
61 AMM, MSDP, OH/ZP1/694, Interview mit Ludvik Dobravec, Interviewer : Božo Repe, Bohinj, 10. 12. 2002.
62 AMM, MSDP, OH/ZP1/529, Interview mit Jože Hlebanja, Interviewer : Božo Repe, Ljubljana, 20. 12. 2002.
63 Filipič, Slovenci v Mauthausnu, S. 440 ; France Filipič : Die Reise von Dachau nach Mauthausen, in : ders.,
Slowenen in Mauthausen, S. 281–286.
64 AMM, MSDP, OH/ZP1/695, Interview mit Dušan Štefančič, Interviewer : Božo Repe, Ljubljana, 8. 1. 2003,
Transkript, Z. 34–47.
65 Robert Steegmann : Markirch (Sainte-Marie-aux-Mines) («A9»), in : Wolfgang Benz/Barbara Distel (Hg.),
Der Ort des Terrors. Bd. 6 : Natzweiler – Groß-Rosen – Stutthof, München 2007, S. 128–130.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen