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272 | Barbara N. Wiesinger
Nach ihrem vorläufigen Sieg teilten die Aggressoren Jugoslawien untereinander auf
und installierten verschiedene Kollaborations- bzw. Besatzungsregime.19 Serbien verlor
die nördlichen Regionen Batschka (an Ungarn) und Syrmien (an den «Unabhängigen
Staat Kroatien») sowie einen Teil von Kosovo/a (an das von Italien annektierte «Groß-
albanien»). Das ein Viertel des jugoslawischen Territoriums umfassende Restserbien
mit einer Bevölkerung von 4,45 Millionen (darunter mehrheitlich ethnische Serben,
des weiteren Roma, Juden, Deutsche, Ungarn u. a.) wurde aufgrund seiner strategi-
schen und wirtschaftlichen Bedeutung deutscher Militärverwaltung unterstellt.20
Besatzung und Kollaboration
Konkrete Pläne für die Zukunft Serbiens, die über dessen militärische Sicherung und
ökonomische Ausbeutung hinausgingen, hatte Berlin 1941 nicht. Wohl war die Ein-
gliederung des Landes in einen «Bund von Hilfsvölkern, ohne Heer, ohne eigene Poli-
tik, ohne eigene Wirtschaft»21 vorgesehen, und auch die verstärkte Ansiedlung eth-
nisch Deutscher entlang der Donau22 stand zur Diskussion. In nationalsozialistischen
«Lebensraum»-Vorstellungen spielte Serbien aber ansonsten keine Rolle. Ausschlag-
gebend für die von massivem Terror geprägte deutsche Besatzungspraxis waren daher
weniger territoriale ExpansionswĂĽnsche und Rassenideologie als der Aufstand 1941
und dessen Ausweitung zu einem groĂźe Teile Jugoslawiens erfassenden Befreiungs-,
Bürger- und revolutionären Krieg.23
An der Spitze des deutschen Besatzungsapparats in Serbien stand ein mit unter-
schiedlichen Titeln belegter Militärbefehlshaber. Die wichtigsten Inhaber dieser Posi-
tion waren Paul Bader (Sommer 1941 ; Dezember 1941 bis August 1943), Franz Böhme
(September bis Dezember 1941) sowie Hans Gustav Felber (August 1943 bis Herbst
GĂĽnter Keber (Hg.) : Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland,
Albanien, Italien und Ungarn (1941–1945), Berlin/Heidelberg 1992 (Europa unterm Hakenkreuz, 6),
S. 139.
19 Vgl. John R. Lampe : Yugoslavia as History. Twice There Was a Country, Cambridge et al. 22000 [1996],
S. 199–200 sowie die Karte auf S. 204.
20 Zahlenangaben nach Karl-Heinz Schlarp : Wirtschaft und Besatzung in Serbien 1941–1944. Ein Beitrag
zur nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik in SĂĽdosteuropa, Stuttgart 1986 (Quellen und Studien zur
Geschichte des östlichen Europa, 25), S. 91.
21 Adolf Hitler (1934), zit. nach : Sundhaussen, Wirtschaftsgeschichte, S. 55.
22 Vgl. Manoschek, «Serbien ist judenfrei», S. 27–28.
23 Vgl. Holm Sundhaussen : Okkupation, Kollaboration und Widerstand in den Ländern Jugoslawiens
1941–1945, in : Werner Röhr (Hg.), Okkupation und Kollaboration (1938–1945). Beiträge zu Konzepten
und Praxis der Kollaboration in der deutschen Okkupationspolitik, Berlin/Heidelberg 1994, S. 349–365
und S. 352–353 ; Klaus Schmider : Auf Umwegen zum Vernichtungskrieg ? Der Partisanenkrieg in Jugo-
slawien, 1941–1944, in : Rolf-Dieter Müller/Hans Erich Volkmann (Hg.), Die Wehrmacht. Mythos und
Realität, hg. i. A. des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, München 1999, S. 901–922, insbes. 919.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen