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hat der Leidensweg erst begonnen …» |
1944).24 Organisatorisch gliederte sich der Besatzungsapparat ursprünglich in Militär-
verwaltung (bis November 1942 geleitet von Harald Turner) und wirtschaftliche Ange-
legenheiten (Franz Neuhausen, der im Oktober 1943 zusätzlich die Militärverwaltung
übernahm) ; im Jänner 1942 wurde das Polizeiwesen (bis April 1944 unter der Leitung
von August Meyszner) als dritter Zweig etabliert.25 Bei praktischen Besatzungsaufga-
ben wie der Widerstandsbekämpfung, der Sicherung von Verkehrswegen und Ähnli-
chem wurde die Wehrmacht von bulgarischen Truppen unterstĂĽtzt.26
Wie auch in anderen Gebieten, die nicht als «Lebensraum» beansprucht wurden,
institutionalisierte das Deutsche Reich in Serbien die Kollaboration einheimischer
Politiker, Behörden und Personengruppen. Die Kollaboration diente der Entlastung
des Besatzungsapparats und wurde umso intensiver, je ungĂĽnstiger der Krieg fĂĽr das
Reich verlief.27 Auf die im Mai 1941 eingesetzte Kommissarsverwaltung unter Milan
Aćimović, der nur wenige Agenden etwa im Justizwesen und der Zivilverwaltung ob-
lagen, folgte im August des gleichen Jahres die «Regierung der nationalen Rettung»
(vlada nacionalnog spasa) von Milan Nedić, die bis Oktober 1944 im Amt blieb.28 Der
prodeutsche, antikommunistische General Nedić bot angesichts des im Frühsommer
1941 aufflammenden Aufstands den Besatzern an, in Serbien fĂĽr Ruhe und Ordnung
zu sorgen. Auf diese Weise hoffte der selbst ernannte «Vater Serbiens» seinem Volk blu-
tige Repressalien zu ersparen. Milan Nedić strebte einen ethnisch «reinen», agrarisch
geprägten, nationalreligiös fundierten, ständisch strukturierten und autoritär geführ-
ten groĂźserbischen Staat innerhalb eines vom Deutschen Reich neu geordneten Euro-
pas an.29 Doch obwohl er mit der nationalsozialistischen Ideologie sympathisierte und
das Okkupationsregime aktiv unterstützte, genoss Nedić weder das Vertrauen der
deutschen StaatsfĂĽhrung noch umfassende konkrete Machtbefugnisse.30 So unterstan-
den beispielsweise die Serbische Staatswache (Srpska drĹľavna straĹľa), die allgemeine
Polizeifunktionen wahrnahm, aber auch an deutschen Repressalien beteiligt war,31
sowie die für die Zerschlagung des zivilen Widerstands zuständige Spezialpolizei ab
Anfang 1942 dem Höheren SS- und Polizeiführer (HSSPF) in Serbien, Meyszner.32
24 Vgl. Jozo Tomasevich : War and Revolution in Yugoslavia 1941–1945. Vol. 2 : Occupation and Collabora-
tion, Stanford 2001, S. 69–70 u. 72–73.
25 Vgl. ebd., S. 75–78.
26 Vgl. ebd., S. 196–201 ; Richard J. Crampton : Bulgaria, Oxford 2007 (Oxford History of Modern Europe),
S. 268–270.
27 Vgl. Hans Umbreit : Die Rolle der Kollaboration in der deutschen Besatzungspolitik, in : Röhr (Hg.), Ok-
kupation und Kollaboration, S. 33–44, hier 37 u. 39.
28 Vgl. Tomasevich, War and Revolution, Vol. 1, S. 108–109.
29 Vgl. Olivera Milosavljević : Potisnuta istina. Kolaboracija u Srbiji 1941–1944. [Die verdrängte Wahrheit.
Kollaboration in Serbien 1941–1944], Beograd 2006, S. 20–56.
30 Vgl. Sundhaussen, Okkupation, S. 350, 361–362.
31 Vgl. Manoschek, «Serbien ist judenfrei», S. 52–53 ; Sima Begović : Logor Banjica 1941–1944 [Das Lager
Banjica 1941–1944], Beograd 1989 (Stradanja i otpori, 5), Bd. 1, S. 72–73.
32 Vgl. Tomasevich, War and Revolution, Vol. 2, S. 183–184.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen