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278 | Barbara N. Wiesinger
Aufgabe.59 Den unvollständig erhaltenen Lagerbüchern zufolge durchliefen 23.700
Personen Banjica, 88Â Prozent davon ethnische Serben.60 AuĂźer politisch Verfolgten
waren auch «Kriminelle», Roma und bei Razzien willkürlich verhaftete Personen in
Banjica inhaftiert.61 Die Häftlinge wurden vorrangig als Geiseln festgehalten ; Tausende
fielen «Sühneaktionen» für Anschläge auf die Besatzungsmacht zum Opfer.62 Kleinere
Kontingente wurden zur Zwangsarbeit im Bergbau und in der Landwirtschaft inner-
halb Serbiens herangezogen. Ab dem Frühjahr 1942 wurden größere Gruppen insbe-
sondere minderbelasteter Personen auch zur Zwangsarbeit in das Deutsche Reich und
die besetzten Gebiete verbracht.63 Als Ziel von Deportationen in nationalsozialistische
Konzentrationslager stand Mauthausen an erster Stelle : Der erste Sammeltransport
Richtung Oberösterreich verließ Belgrad am 17. Oktober 1942, der letzte am 26. Sep-
tember 1944. Angaben in der Literatur zufolge umfassten die insgesamt 13Â Transporte
aus Banjica nach Mauthausen jeweils zwischen einhundert und dreihundert männli-
che Häftlinge. (Weibliche Internierte wurden meist nach Auschwitz, in geringerer Zahl
auch nach RavensbrĂĽck deportiert.64) Anfang Oktober 1944 wurde das Lager Banjica
angesichts des Vormarsches von Volksbefreiungsarmee und Roter Armee aufgelöst.65
Das Lager Sajmište (Semlin) wurde im Herbst 1941 auf dem Belgrader Messege-
lände zum Zweck der Konzentration und anschließenden Ermordung der jüdischen
Bevölkerung Serbiens eingerichtet.66 Von insgesamt ca. 17.800 jüdischen Bewoh-
nern des «Militärverwaltungsgebiets Serbien» fanden bis Mitte 1942 42,5 Prozent in
Sajmište den Tod.67
Ab dem Frühjahr 1942 diente Sajmište als Durchgangslager für Personen aus dem
«Unabhängigen Staat Kroatien» und dem «Militärverwaltungsgebiet Serbien», die als
Zwangsarbeiter in der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft eingesetzt werden soll-
ten.68 Auf dem Territorium des «Unabhängigen Staates Kroatien» gelegen und von
ihm finanziert, unterstand Staro Sajmište gleichwohl dem deutschen Polizeiapparat in
Serbien.69 Das Kommando ĂĽber das Lager oblag der SS, die Bewachung der Wehr-
macht. Wie in anderen deutschen Konzentrationslagern wurden Häftlinge an der Ver-
59 Vgl. ebd., Bd. 1, S. 71–74, u. Bd. 2, S. 76.
60 Vgl. ebd., Bd. 1, S. 74 u. 45.
61 Vgl. ebd., Bd. 1, S. 76–77, Bd. 2, S. 5–22, 33, 37 u. 45.
62 Vgl. ebd., Bd. 2, S. 106–152.
63 Vgl. ebd., Bd. 1, S. 252–254.
64 Vgl. ebd., Bd. 2, S. 254–257.
65 Vgl. ebd., Bd. 2, S. 261–265.
66 Vgl. Manoschek, «Serbien ist judenfrei», Kap. V ; Browning, Fateful Months, Kap. 4 ; zum Lager generell
auch Semlin Judenlager in Serbian Public Memory/Jevrejski logor na Beogradskom sajmistu. Istorija i
secanje, URL : www.semlin.info (14. 10. 2020).
67 Vgl. Milan Koljanin : Nemački logor na beogradskom Sajmištu 1941–1944 [Das deutsche Lager auf dem
Belgrader Messegelände 1941–1944], Beograd 1992, S. 447.
68 Vgl. ebd., S. 153–156, 159 u. 166–167.
69 Vgl. ebd., S. 172 u. 327–329.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen