Page - 309 - in Deportiert nach Mauthausen, Volume 2
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309Antisemitische
Verfolgung und antifaschistischer Widerstand im okkupierten Griechenland |
Transporte nach Mauthausen
Von den griechischen Juden und Jüdinnen, die direkt nach Auschwitz deportiert wor-
den waren, kam ein Teil jener, die nicht sofort ermordet, sondern als Häftlinge in das
Lager aufgenommen worden waren, zum Teil direkt von Auschwitz im Zuge von Eva-
kuierungstransporten nach Mauthausen, wie etwa Heinz Kounio. Ein anderer Teil
wurde zunächst in andere Lager verlegt : Die im MSDP interviewten weiblichen jüdi-
schen Überlebenden waren von Auschwitz in die Außenlager Babitz (Babice), Charlot-
tengrube und Eintrachthütte sowie in das KZ Bergen-Belsen und später in das Lager
Venusberg überstellt worden, von wo sie mit Räumungstransporten nach Mauthausen
kamen.
Für politisch verfolgte Griechen verliefen die Deportationswege über Gefängnisse
in Griechenland und das Lager Banjica in Serbien, das der deutschen Militärverwal-
tung bzw. dem SiPo und SD in Belgrad unterstand. Im MSDP wurde eine Reihe von
Überlebenden von Kreta, interviewt, die als Widerstandskämpfer über das Athener
Averoff-Gefängnis sowie Banjica nach Mauthausen deportiert wurden.
In der Häftlingsdatenbank der KZ-Gedenkstätte Mauthausen sind 1293 Personen
mit griechischer Nationalität namentlich vermerkt, von denen 516 (ca. 40 Prozent) im
Lager ermordet wurden bzw. an den Folgen der Haft gestorben sind. Den Unterlagen
zufolge waren zwei Drittel aus politischen Gründen und ein Drittel aufgrund ihrer jü-
dischen Herkunft inhaftiert. Nur drei Griechen waren als Zwangsarbeiter registriert.80
Weibliche Häftlinge sind bisher 113 bekannt, die alle als Jüdinnen verfolgt wurden und
von denen 98 mit dem gleichen Transport aus Venusberg kamen.81
Die ersten griechischen Häftlinge, elf Männer, erreichten am 23. Dezember 1942 das
Lager. 250 Griechen kamen im Jahr 1943 nach Mauthausen, 1944 waren es 521 Gefan-
gene, im Jänner und Februar 1945 289 Personen sowie von März bis Ende April 1945
weitere 100 griechische Häftlinge. Griechische Juden wurden mehrheitlich in das Au-
ßenlager Gusen verlegt, während politische Häftlinge aus Griechenland nach Melk und
später nach Ebensee gebracht wurden. Am 15. März 1945 wies der Gesamtstand von
Haupt- und Außenlagern 557 griechische Schutzhäftlinge aus.82 Die erst am 29. April
1945 aus dem Flossenbürger Außenlager Venusberg ankommenden griechischen Jü-
dinnen wurden nicht mehr im Lager registriert. In diesem Transport befanden sich
auch die beiden Schwesterpaare Fortuni Ghani und Chrysoula Eliassa aus Ioannina
bzw. Matthilde Levy und Lina Velleli aus Korfu.
80 Andreas Kranebitter : Zahlen als Zeugen. Soziologische Analysen zur Häftlingsgesellschaft des KZ Maut-
hausen. Wien 2014 (Mauthausen-Studien, 9), S. 186 u. 189. Nicht inkludiert sind hier Überlebende der
jüdischen Gemeinde von Rhodos, wie z. B. Rahamin Cohen, da sie italienische Staatsangehörige waren.
81 Helga Amesberger/Brigitte Halbmayr : Weibliche Häftlinge im KZ Mauthausen und seinen Außenlagern,
unveröff. Projektbericht, Teil A, Wien 2010, S. 38.
82 Vgl. Hans Maršálek : Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation, Wien 42006
[1974], S. 238.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen