Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Deportiert nach Mauthausen, Volume 2
Page - 318 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 318 - in Deportiert nach Mauthausen, Volume 2

Image of the Page - 318 -

Image of the Page - 318 - in Deportiert nach Mauthausen, Volume 2

Text of the Page - 318 -

318 | Irina Scherbakowa wurde Kriegsgefangenschaft oder Deportation zur Zwangsarbeit als Vaterlandsverrat angesehen. Vom Frieden zum Krieg Der Kriegsbeginn bedeutete insbesondere für diejenigen der Befragten, die bereits in der Armee waren, einen Bruch mit dem bisherigen Leben, sodass man bei ihren Er- zählungen oft das Gefühl bekommt, dass diese Erfahrungen alles, was davor war, stark verdrängen. Bei den ehemaligen Zwangsarbeitern ist es manchmal noch ausgeprägter. Dies hängt auch damit zusammen, dass wir es heute mit den Erzählungen derjenigen Überlebenden zu tun haben, die in den Jahren 2002/03, als das MSDP durchgeführt wurde, noch am Leben waren, das heißt hauptsächlich zu den Jahrgängen 1925 bis 1927 (nur Kriegsgefangene waren etwas älter) gehörten. Das bedeutet, dass ihre Vor- kriegserfahrungen eigentlich noch fast kindliche waren. Aber das soll nicht heißen, dass die Vorgeschichte dieser Menschen nicht von Interesse ist und nicht erforscht werden sollte. Vielmehr findet man in diesen Vorkriegserinnerungen oft den Schlüssel dazu, warum jemand nach Mauthausen deportiert wurde, wie jemand überlebt hat und, letztlich, wie später der Erinnerungsprozess funktionierte und was die Zeitzeugen im Gedächtnis behielten. Die Erinnerungen an das Vorkriegsleben sind auch deshalb von Bedeutung, weil die befragten Zwangsarbeiter und die Kriegsgefangenen zu der jüngeren Vorkriegs- generation, der indoktriniertesten Generation in der sowjetischen Epoche, gehörten. Sie sollten in den Augen der Macht zum ersten vollwertigen Produkt der Propaganda in der Zeit des Stalinismus werden. Das bedeutete  – und betraf alle von uns Befrag- ten  – den Schulbesuch in einer extrem ideologisierten sowjetischen Schule. Auch aus ihren Erzählungen  – bis auf ganz wenige Ausnahmen  – folgt, dass sie zur Zeit des Kriegsbeginns überzeugte sowjetische Menschen waren. Viele sind in der Schule Pio- niere geworden, manche waren auch Mitglieder der Komsomol. So wurde der Glaube an die Kommunistische Partei, an Stalin, an die Unbesiegbarkeit der Roten Armee von Kindheit an in ihre Köpfe eingehämmert. Bereits hier kann gesagt werden, dass für alle Biografien und Schicksale zweifellos die Vorkriegssituation, in der die zukünftigen Häftlinge sich befanden (ihre Geburts- orte, Geburtsjahre, Familie, Erziehung, Schule), wichtig war ; das trifft auch für ihre Le- benssituation am Anfang des Krieges zu. Es ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil das ihre spätere Zugehörigkeit zu dieser oder jener Kategorie der Mauthausen-Häft- linge ebenso vorbestimmte wie ihr Verhalten in den Kriegsgefangenenlagern, während der deutschen Besatzung auf sowjetischem Gebiet und in den Zwangsarbeitslagern oder ihre Teilnahme am Widerstand und ihre Überlebensstrategien. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
back to the  book Deportiert nach Mauthausen, Volume 2"
Deportiert nach Mauthausen Volume 2
Title
Deportiert nach Mauthausen
Volume
2
Authors
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Editor
Melanie Dejnega
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21216-4
Size
16.8 x 23.7 cm
Pages
716
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Deportiert nach Mauthausen