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329Schicksale
der Häftlinge aus der Sowjetunion |
in das Durchgangslager Bobruisk (Babrujsk) kam. Dort wurde seine Verwundung ge-
pflegt und es gab auch noch zu essen, aber keine Baracken :
«Wir haben uns kleine, kleine Erdhöhlen gegraben. Wir, wir/. Der Kamerad hatte auch noch
eine Zeltbahn. / Mhm. / Und wir haben da also was ausgehoben, decken uns mit der Zeltbahn
zu – legen was unter, Sachen von uns, legen uns hin und mit der Zeltbahn decken wir uns
zu.»32
Im August 1941 floh er zusammen mit einem Kameraden aus dem Lager ; bereits nach
zwei Tagen wurden sie wieder gefasst und kamen in ein Kriegsgefangenenlager in Po-
len :
«Ich weiß nicht, wie lang wir dort waren, aber lang war’s nicht. Die Leute sind dort bis aufs
Skelett abgemagert. Die noch am Leben waren, schleppten sich nur so dahin, fielen hin. Es
waren dort Gräber, [Geste :] solche, da heben sie eine große Grube aus, eine lange, große
Grube, und sie schleifen die hin, na, wie einen Hund, und werfen sie hinein. An einem Tag,
an einem Tag, ich weiĂź nicht, wie viele. Dutzende ziehen sie dorthin. Die Grube ist noch of-
fen, dann schleifen sie noch [betont] welche hin, und dann machen sie die Grube zu. So war
das, das hab’ ich selbst gesehen. Na, und ich musste auch mitansehen, wie Menschen Dings
gegessen haben – Menschen.»33
Die Ăśberlebenden wurden dann mit einem Transport, dessen Bedingungen oft viel
schlimmer als bei den Zwangsarbeitern waren, aus den Sammellagern durch manch-
mal mehrere Durchgangslager (in denen die Ăśberlebenschancen ĂĽbrigens auch sehr
gering waren) nach Deutschland in die Kriegsgefangenenlager gebracht.
Die Deportation nach Mauthausen (oder davor in andere Konzentrationslager) war
davon abhängig, was mit den Kriegsgefangenen in den Sammel- und Durchgangsla-
gern geschah und wie sie sich verhielten. Zu den häufigsten Gründen für die Einwei-
sung in ein Konzentrationslager gehörten missglückte Fluchtversuche, Lebensmittel-
diebstahl, Ungehorsam. In einigen Fällen wurden Kriegsgefangene beschuldigt, für
die Sowjetunion oder gegen General Wlassow und seine Anwerbungsleute agitiert
zu haben. Seltener in den Interviews zu finden sind direkte Widerstandsaktivitäten,
wie Sabotageakte und Ähnliches, die von Widerstandsgruppen im Lager durchgeführt
wurden. Die meisten dieser Kriegsgefangenen wurden nicht direkt ins Konzentrations-
lager, sondern erst in Gestapogefängnisse gebracht, meistens in solche, die sich nicht
sehr weit entfernt vom Kriegsgefangenenlager befanden. Dort erlebten die Gefange-
nen Verhöre – oft nicht sehr viele, aber mit Schlägen und Folterungen. Die Länge und
Intensivität der Verhöre war davon abhängig, ob jemand im Verdacht stand, in einer
32 AMM, MSDP, OH/ZP1/034, Interview Gontscharow, S. 9, Z. 18–21.
33 Ebd., S. 11, Z. 12–21.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen