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346 | Imke Hansen
rakters mit Zwangsarbeit, darunter auch durch Ukrainer, in bestimmten Regionen
oder Betrieben.16
Schließlich gibt es unter den vielen autobiografischen und biografischen Erzählun-
gen ĂĽber Krieg und Verfolgung auch zahlreiche Berichte von Menschen, die ursprĂĽng-
lich aus der Ukraine kamen. Allerdings liegen bislang kaum analytische Untersuchun-
gen über ukrainische Verfolgte vor, die hauptsächlich auf Oral History basieren.17 Die
folgende Studie greift dieses Forschungsdesiderat auf.
Die Ukraine unter deutscher Besatzung
Beginnend mit dem Einmarsch in die Sowjetunion am 22. Juni 1941 nahm die Wehr-
macht die ukrainische Sowjetrepublik StĂĽck fĂĽr StĂĽck ein. Ihr folgten die sogenannten
Einsatzgruppen, deren Aufgabe der «Partisanenkampf» und die Ermordung der jüdi-
schen Bevölkerung war. Im größten Teil der Ukraine operierten die Einsatzgruppen
B, C und D. Wenn Kampfhandlungen das Gebiet verlassen hatten, wurden Feld- und
Ortskommandanturen eingerichtet und Gebiete schrittweise in eine Zivilverwaltung
ĂĽberfĂĽhrt. Der westlichste Teil wurde dem Generalgouvernement angegliedert, der
Rest wurde zum «Reichskommissariat Ukraine» (RKU).
Die Reaktion auf die Besatzung war nicht in allen Landesteilen gleich, was sowohl
mit der Besatzungspolitik als auch mit den unterschiedlichen historischen Erfahrun-
gen der ukrainischen Gebiete zusammenhängt. Die Westukraine hatte zwischen 1772
und 1918 zur Habsburgermonarchie gehört – eine Zeit, die gerade ukrainische Natio-
nalisten als besonders positiv erinnern. Dies ist zum Teil Verbesserungen im Bildungs-
systems und der Nationalisierung der Unierten Kirche geschuldet, aber auch der star-
ken Polonisierung, die der ukrainischen Niederlage 1919 im Polnisch-Ukrainischen
Krieg um die Kontrolle von Ostgalizien folgte und einen starken Kontrast zur österrei-
chischen Herrschaft bildete.18
Am 1. August 1941 wurde das westukrainische Ostgalizien dem Generalgouverne-
ment als fĂĽnfter Distrikt zugeschlagen. Ukrainer wurden im Distrikt Galizien gegen-
94 ; Eliyahu Yones, Die Straße nach Lemberg. Zwangsarbeit und Widerstand in Ostgalizien 1941–1944,
Frankfurt a. M.1999.
16 Siehe beispielsweise Constanze Werner : Kiew – München – Kiew. Schicksale ukrainischer Zwangsarbeiter,
München 2000 ; Jörn-Erik Gutheil : «Ich weiß die Namen nicht mehr …». Deportation – Zwangsarbeit – Rück-
kehr. Begegnung mit ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in der Ukraine, Wuppertal 2002.
17 Gelinada Grinchenko : Ukrainische Zwangsarbeiter im Dritten Reich. Besonderheiten der Erinnerung
und die (Re-)Konstruktion des historischen Gedächtnisses in der sowjetischen und postsowjetischen
Ukraine, in : Dieter Pohl/Tanja Sebta (Hg.), Zwangsarbeit in Hitlers Europa. Besatzung, Arbeit, Folgen,
Berlin 2013, S. 371–404.
18 Vgl. Frank Golczewski : Local Government in German Occupied Ukraine, in : Bruno de Wever et al.
(Hg.), Local Government in Occupied Europe (1939–1945), Gent 2006, S. 241–258, hier 242.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Volume 2
- Title
- Deportiert nach Mauthausen
- Volume
- 2
- Authors
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Editor
- Melanie Dejnega
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Size
- 16.8 x 23.7 cm
- Pages
- 716
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen