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1.2. Fümmusiktechnik 47
Diese Erinnerungsmotive haben noch keinen strukturellen Einfluss auf den musikali-
schen Satzbau. Sie sind deskriptiv und haben keine syntaktische Funktion. Neben Weber
machten auch andere Komponisten derartigen Gebrauch von solchen Erinnerungsmoti-
ven. So zum Beispiel Giuseppe Verdi (1813—1901) in seiner Oper Don Carlos (1867).
Hector Berlioz (1803—1869) führte dieses Prinzip einen Schritt weiter. In seiner Sym-
phonie Fantastique (1830) entwickelte sich das Motiv von einem reinen Erinnerungs-
merkmal zu einem elementaren dramaturgischen Gestaltungsmittel. Der Symphonie
liegt eine tragische Liebesgeschichte zugrunde. Diese Geschichte ist zentraler Punkt die-
ser Tondichtung. Dafür hat Berlioz ein Thema komponiert, welches als von ihm so ge-
nannte idee fixe im gesamten Werk präsent ist. Bislang war es die kompositorische Regel,
jedem Instrumentalsatz ein neues Thema zu geben. Hier gibt es nun ein immer wieder
auftauchendes Thema. Dies gibt dem ganzen Werk den Charakter einer durchkompo-
nierten dramatischen Geschichte.
Mit diesem Konzept einer durchgehenden musikalischen Struktur wurde Berlioz zum
Vorbild für einen weiteren Komponisten, wenn auch auf anderem Gebiet, nämlich Ri-
chard Wagner.
Richard Wagner hatte sich völlig dem Musiktheater verschrieben, da er der Meinung
war, dass sich die Konzertmusik, so wie sie sich ihm darstellte, nicht mehr weiterent-
wickeln werde. Um neue Wege zu beschreiten, bedürfe sie der Symbiose mit dem ge-
sprochenen Wort. Die Vision vom Musiktheater als Gesamtkunstwerk mit der gleichbe-
rechtigten Einheit von Text, Musik und Bühnenaktion hat Wagner von der griechischen
Theaterlehre übernommen, die er eingehend studiert hat. Dieser dramatischen Idee des
Gesamtkunstwerks hatte sich alles unterzuordnen. So wurden auch alle musikalisch im-
manenten Stilmittel wie Melodik, die Harmonik oder auch die Orchestrierung an ihr
ausgerichtet.
„Dennoch muß die neue Form der dramatischen Musik, um wiederum als Musik ein
Kunstwerk zu bilden, die Einheit des Symphoniesatzes aufweisen, und dies erreicht sie,
wenn sie, im innigsten Zusammenhange mit demselben, über das ganze Drama sich er-
streckt, nicht nur über einzelne kleinere, willkürlich herausgehobene Teile desselben. Die-
se Einheit gibt sich dann in einem das ganze Kunstwerk durchziehenden Gewebe von
Grundthemen, welche sich, ähnlich wie im Symphoniesatze, gegenüberstehen, ergänzen,
neu gestalten, trennen und verbinden: nur dass die hier ausgeführte und aufgeführte dra-
matische Handlung die Gesetze der Scheidungen und Verbindungen gibt, welche dort
allerursprünglichst den Bewegungen des Tanzes entnommen waren."S9
59 Über die Anwendung der Musik auf das Drama, 1879.
Der Filmkomponist Max Steiner
1888 - 1971
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Der Filmkomponist Max Steiner
- Subtitle
- 1888 - 1971
- Author
- Peter Wegele
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 302
- Keywords
- Film Music, Biography, Cinema, Musical science, Musicology, History of Music
- Category
- Biographien