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Film geschrieben hatten)111 und machte aus ihm einen Klassiker, so wie auch umgekehrt
das Lied auch zu einem nicht geringen Teil dazu beitrug, dass Casablanca in die Filmge-
schichte einging. So gab denn Max Steiner, wahrscheinlich selber von dem Erfolg dieses
Songs ĂĽberrascht, im August 1943 in einem Interview fĂĽr die New Yorker Zeitung PM zu.,
dass dieses Lied wohl doch seine Qualitäten habe, um derartig viel öffentliches Interesse
zu erregen, auch wenn er selber es persönlich immer noch nicht schätze. in
As Time Goes By ist eines der ersten Beispiele fĂĽr die konsequente Verwendung eines
sogenannten Themensongs. (In Casablanca gibt es keinen Titelsong, da dieses Lied in der
Vorspannmusik noch nicht auftaucht, sondern dramaturgisch konsequent erst mit der
Personalisierung der Geschichte eingeführt wird.) In der nachfolgenden Zeit, spätestens
ab 1952, als Dimitri Tiomkin mit seinem Lied Do Not Forsake Me, Oh, My Darling aus
dem Film High Noon (Regie: Fred Zinnemann) ĂĽber eine Million Schallplatten verkaufte,
musste jede Major-Produktion auch einen Titelsong haben. Ab 1967 begann mit den
Songs von Paul Simon zu dem Film The Graduate die Zeit der Soundtrack-Alben. Diese
Soundtracks wurden zu einem solch wichtigen wirtschaftlichen Faktor, dass die Songs be-
reits in die Planung der Filme einbezogen wurden und die Rolle der klassischen Filmkom-
ponisten mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt wurde. Heutzutage werden vor
Produktionsbeginn der Filme Verhandlungen mit diversen Schallplattenfirmen gemacht,
wo es um die Platzierung des oder der Songs geht. Diese Product Placements werden in der
Regel großzügig honoriert. Der Film wirbt zunächst indirekt in den Kinos für einen Song,
danach, auf den Soundtracks, direkt. Die Popularität des einen Mediums wirkt zusammen
mit der des anderen. Diese wirtschaftliche Zielstrebigkeit, bei der die Musik nicht nur ei-
nen wesentlichen Anteil am kommerziellen Erfolg des Films an sich hat, sondern selber
zum Vermarktungsgegenstand wird, ist eine Entwicklung der letzten 30 Jahre.113
1942 war an eine so zielgerichtete Vermarktungsstrategie noch nicht zu denken und
die Songs waren auch keine derartige wirtschaftliche Komponente. Es ist auf jeden Fall
eine Ironie der Filmgeschichte, dass ausgerechnet der Song, der erstens nicht aus Steiners
Feder stammt und der noch dazu nicht einmal seine Wertschätzung genoss, derjenige ist,
der am stärksten mit einem Film assoziiert wird, den Steiner mit Musik versah.
1944 wollte der Filmkomponist David Raksin (1912—2004) für den Film Laura einen
Titelsong schreiben, der, ähnlich As Time Goes By in Casablanca, in etlichen Permutati-
211 Harlan Lebo. S. 182/183.
212 Vgl. Alijean Harmetz: Roundup the usual suspects — the making of Casablanca. Hyperion. New York,
1992. S 253—256. Rudy Behlmer: Behindthe scenes. Samuel French Trade. Hollywood, 1990. S. 154—
177. Harlan Lebo. S. 182/183.
213 Vgl. Claudia Bullerjahn: Grundlagen der Wirkungvon Filmmusik. S. 68, 69.
Der Filmkomponist Max Steiner
1888 - 1971
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Der Filmkomponist Max Steiner
- Subtitle
- 1888 - 1971
- Author
- Peter Wegele
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 302
- Keywords
- Film Music, Biography, Cinema, Musical science, Musicology, History of Music
- Category
- Biographien